Inklusive ihrer Live-Platte vom letzten Jahr gibt es jetzt schon die zehnte im zehnten Jahr von RABENSCHREY. Angekündigt mit einigen Veränderungen seit den Anfangstagen bietet „Exzessivus“ sehr rockbetontes Material, das sich etwas von dem ursprünglichen Mittelalter-Folk-Musizieren entfernt hat. Mit fünfzehn Songs plus Intro war die Bande ziemlich fleißig und gibt an, trotz der Arbeit mit viel Spaß bei der Sache zu sein.
Kuckuck, ruft’s aus dem Wald. Fröhlich tänzelnd kommt die Flöte hinterm Baum hervor, wobei sie beim „Laufe“-Refrain schon wieder hinter die Rockformation zurücktreten muss. Verspielt werden am Anfang Flötentöne mit harter Rockmusik zusammengeführt. Das ‚Heidentanzen’ hat zwar einen Rhythmus, der direkt in die Beine geht, allerdings auch schwere Gitarren, die die Leichtfüßigkeit etwas beeinträchtigen. Tätowierungen zu thematisieren ist eine interessante Sache. Wenn aber bei jedem Durchlauf von „… Mal mir Bilder auf die Haut, lass mich deine Leinwand sein“ mir die ganze Story eher albern als humorvoll rüberkommt, gelingt die gute Unterhaltung nur bedingt. Im ersten Drittel der Platte fällt mir ab und zu auf, dass die Mittelalterlichkeit doch stark zurückgeschraubt ist. Oftmals bilden Flöten und Didgeridoo nur schückendes Beiwerk oder erhalten ihre eigene Kurzphase inmitten der Neuen Deutschen Härte. Bei dem gerollten „R“ und fett-groovendem Chorus in „Kraftvoll“ und „Wünsch dir was“ stand bestimmt RAMMSTEIN Pate. „Wie bringe ich zwei katholische Pfarrer dazu, sich an die Kehle zu gehen? Ich bitte einen jungen Knaben darum, er möge zwischen ihnen stehen.“ Schwarzer Humor kommt an mancher Stelle heraus, wenn Donar singt: „Hurra, die Kirche brennt – lichterloh – in unserem Geist.“ Ebenso in dem Elektro-Rausschmeißer „Stumpf“, in welchem dem Stumpfsinn gefrönt wird, quasi als Parodie auf nicht-denkende Bum-Bum-Musik-Hörer, kann man nicht ohne ein debiles Grinsen mit dem Kopf wackeln.
Letztens las ich in einem Interview von IN EXTREMO in einem populären Printmagazin des Metals, sie würden sich jetzt eher als Rockband verstehen, die zusätzlich mit mittelalterlichen Instrumenten arbeitet. Ähnliche Tendenzen kann man bei RABENSCHREY erkennen, die den Wandel vom rein akustischen Klampf-Geflöte zu moderner Härte mit altem Beiklang vollzogen haben, was grundsätzlich kein Makel sein muss. Eigentlich bieten RABENSCHREY auf ihrem neuen Scheibchen auch einiges an Abwechslung, obwohl ein deutlicher Schwerpunkt auf dem Sound der Stromgitarren liegt. Jedoch funktioniert der Humor nur teilweise und auf die Fülle der Songs gesehen, verblasst die Erinnerung daran doch recht schnell. Immer wieder gefällt zwischendurch folkiges Gedudel oder deftige Riffs, aber im Gesamtpaket fehlt mir doch noch einiges an Spannung. Aber wer will, soll sich nicht den Spaß nehmen lassen.