Letzte Instanz - Ewig Tipp

letzte instanz ewig

Stil (Spielzeit): Gothic/Folk/Rock (61:15)
Label/Vertrieb (VÖ): Drakker/Sony Music (31.08.12)
Bewertung: 8/10

letzte-instanz.de

"Ewig" ist der dritte und letzte Teil einer Trilogie, die mit 2009 mit "Schuldig" begann und 2010 in "Heilig" ihre Fortführung fand. Eigentlich hatte ich LETZTE INSTANZ immer als Gothic-Kapelle mit elektronischem Anstrich im Kopf, aber wie "Ewig" beweist, lag ich da wohl komplett falsch. Ganz im Gegenteil überrascht die deutsche Band mit einer eingängigen und harten Mischung aus Gothic, ein bisschen Folk, Rock und Metal, die sich besonders durch den Einsatz von Violine und Cello wohltuend von anderen Gothic-Kapellen abhebt.

Keine Ahnung, wieso ich LETZTE INSTANZ bisher im Wave- oder Electro-Genre mit Gothic-Anstrich verortete. "Ewig" ist nämlich genau das Gegenteil davon und bietet mitunter sehr harten deutschen Rock, den man gehört haben sollte, sofern man auf den Einsatz von Streichern steht und mit der Stimme von Holly Loose klar kommt. Der klingt wie eine Mischung aus Eric Fish (SUBWAY TO SALLY) und Thomas Lindner (SCHANDMAUL). Letztgenannte Assoziation kommt mir vor allem bei dem einzigen Ausfall "Wieder einmal rot" in den Sinn, der im Vergleich zum restlichen Material deutlich abfällt und auch musikalisch viel eher zu SCHANDMAUL passen würde. Die restlichen Songs sind bis auf ein, zwei Ausnahmen wie das Intro "Aeternitas" und den ruhigen Abschluss "Mein Kind", der über Durchschnitt nicht hinaus kommt, durchweg sehr gut bis großartig, weshalb über diesem Review auch eine hohe Note zu finden ist. Mit spielender Leichtigkeit tänzeln LETZTE INSTANZ zwischen brachialem Deutschrock, filigranen Melodien und epischen Harmonien und schaffen einen enormen Abwechslungsreichtum.

Baut der halbruhige Titeltrack noch Stimmung auf, treten LETZTE INSTANZ mit dem knackigen, schnellen "Nur für uns" aufs Gas. Die treibenden Akustikgitarren in den Strophen erschaffen eine dichte Atmosphäre, die im eingängigen Refrain gelöst wird. Die Verbindung von Streichern und harten Gitarren im Chorus zieht sich wie ein roter Faden durch "Ewig", wie auch das dramatische, melancholische "Regenbogen" mit bedrohlich-brachialen Gitarren und "Tausendschön" zeigen. Bei "Blind" handelt es sich um ein schönes Duett zwischen Holly Loose und Rita von EISBLUME, dessen vordergründig positiver Refrain die leicht melancholischen, mit Akustikgitarren untermalten Strophen kontrastiert. Das mit einem genialen Chorus versehene, pumpende "Schwarzer Sand" sowie der Gothic-Tanzflächenfeger "Sing!" sind der schwarzen Szene gewidmet, während es sich bei "Schuld" um einen perspektivlosen, düsteren Antikriegssong handelt, der die Intention des Textes sehr schön in der Musik abbildet. Zwei Songs zeigen besonders deutlich die beiden Pole, die LETZTE INSTANZ in den Songs geschickt miteinander verweben: Das nicht mal drei Minuten lange Instrumental "Et In Arcadia Ego" ist beinahe schon progressives Geholze mit exzellenter Schlagzeugarbeit, das extrem hart klingt. Gleich nach dem ungewöhnlichsten Stück der CD folgt mit der ersten Single "Von Anfang an" das poppigste. Bereits der Beginn ist wunderbar melodisch, den Refrain bekommt man nach einmaligem Hören gar nicht mehr aus dem Kopf. Die simple, aber effektive Single könnte Neulinge aufs Glatteis führen, denn die poppige Ausrichtung ist die absolute Ausnahme auf "Ewig". Das unterstreicht einmal mehr eine temporeiche und zugleich eingängige Nummer wie "Unterwegs", die das Thema Rastlosigkeit musikalisch umsetzt. Selbst die angejazzte Ballade "Wo das Meer...", die für Bar-Feeling in einer Seemannsspelunke sorgt, legt am Ende mit Gitarren-Power an Dramatik zu und ist alles andere als ein Schunkelsong für Gothic-Opas.

LETZE INSTANZ sind immer dann am besten, wenn die melodischen Streicher mit wunderbaren Melodien und brachialen Gitarren gepaart werden. Und von diesen Momenten gibt es auf "Ewig" reichlich viele. Der (wenige) Rest ist durchschnittliche bis gute Gothic-Standardkost. Freunden deutscher Rockmusik kann ich diese abwechlsungsreiche Scheibe, die wunderbare Melodien, harte Songs und episch-dramatische Momente bietet, wärmstens ans Herz legen!

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