Stil (Spielzeit): Gothic Metal (18:52)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (2007)
Bewertung: (ohne Bewertung)
Link: http://www.myspace.com/mazepayne
SCARGOD stammen aus der österreichischen Provinz. Eildieweil diese 4-Track EP (+ 1 Titel davon zusätzlich als Video) nach einem mir nicht bekannten 2-Track Demo so etwas wie das Debüt darstellt, erwartete ich erst mal gar nix…
Naja, das stimmt nicht so ganz. Der deutsche Titel (Anm.: ich habe ein etwas anderes Cover als oben abgebildet) läßt mich Schlimmstes befürchten. Denn SCARGOD machen Gothic Metal. Also wird’s wohl elegisch, romantisch, lyrisch werden. Auf Deutsch, wie der Albumtitel droht, kann ich Lyrisches aber nur vertragen, wenn es wirklich gut ist. Wirklich gut ist z.B. die Lyrik von Trakl oder Celan. Um mal eine Hausnummer anzugeben.
Und dann kommt es zunächst (zunächst!) noch viel (viel!) schlimmer als befürchtet. Heilige Mutter Gottes, steh mir bei: Eine Art Gedicht…
Ich habe meinen Lebtag noch keine Schmonzette wie die Schmerz-Eröffnungslitanei „Mit Tränen im Gesicht“ gehört. Mit so etwas fällt man sogar beim Poetry Slam der örtlichen Waldorfschule durch. Nicht nur, dass es textuell ein unfassbar clichéhafter Unfug ist, es wird auf eine dilettantische Weise vorgetragen, wie es sich nicht einmal die Laienspielgruppe des Hausfrauenbundes, Sektion Hallig Hooge, trauen würde.
Während ich (ruckzuck ins Wachkoma salbadert) es total verabsäume, den Not-Aus-Schalter zu pressen, beginnt Stück Numero 2 …
Und plötzlich liegt da offenbar eine ganz andere CD im Schacht.
Ein kühles Piano setzt ein. Aus meiner Lethargie erwachend verfalle ich sofort dem traumschönen Gesang von Martina Penzenauer, die sich dank eines warmen Timbres für die Championsleague der Gothic Sopranistinnen qualifiziert. Qualitativ einer Kari Rueslatten weit näher als dem Gefiepse so vieler anderer Elfen, zaubert sie aus dem Nichts echte Atmosphäre herbei. Dafür, dass sie das dann doch auf Englisch tut, bin ich sehr dankbar. (Falls jemand der Name bekannt vorkommt: Martina Penzenauer wurde von WYDFARAS PROPHECY ausgeliehen… aber das Soundkonzept von SCARGOD steht ihrer Stimme besser zu Gesicht.)
Die CD ist kurz; so will ich mich auch mal fassen: Die drei echten Musikstücke versammeln auf recht hohem Niveau alle wichtigen Trademarks des Genres: Die Gitarren werden akustisch oder unter Strom gezupft, doomy gerifft oder betören mit wahrlich schönen Leads; der männliche Gesang ist höchst variabel, was allerdings nicht verwundert, geht SCARGOD doch neben Mastermind Martin „Maze“ Moser mit insgesamt fünf Gastsängern an den Start. Klare und extreme Stimmen wechseln sich ab. Die Hauptarbeit verrichtet Robert Bogner. Das ist deshalb gut, weil er --anders als üblich-- nicht growlt; vielmehr klingt sein Gesang erfrischend aggressiv und deathig im Stile skaninavischen Melo-Death'. Atmosphärische Chöre (gemischt), Streicher-Arrangements und das Piano tun ihr Übriges, die Erwartung von elegisch-romantischen Streicheleinheiten zu erfüllen.
Diese Elemente werden gekonnt zu Songs zusammengestellt, die auf Anhieb gefallen, auch nach mehreren Durchläufen abwechslungsreich bleiben und trotz der Tendenz zur poppigen Eingängigkeit nie zu seicht sind. Es wir auch mal etwas leicht Disharmonisches gewagt, was einem Zuviel an Schmalz Einhalt gebietet. Richtig gut das.
Fazit: SCARGOD erfinden das Genre sicher nicht neu, aber sie bereichern es merklich, und ich werde „Schmerz“ eher in der Nähe von „THE 3rd AND THE MORTAL“ und ELEGEION parken. Da greife ich nämlich oft hin. Und nicht bei Tristania und Co.
Ich bin froh, dass ich für eine EP keine Note zu vergeben brauche. „Cold“, „Hurt“ und „Love is Suicide…“ sind in diversen Schwarztönen schillerndes Gefühlskino und verbreiten süßen Schmerz im 8er Bereich, sogar mit Tendenz nach oben. Aber wieviele Zähler hätte ich für das Narben im Cortex hinterlassende Intro abziehen müssen?