Kaum ein Album der Mittelalter-Institution FAUN sorgte im Vorfeld für so viel Aufregung, wie ihr nunmehr achtes Studioalbum "Von den Elben", dem ersten Album bei Universal. Der Protest und die Kritik von Seiten der Fans ging offenbar so weit, dass Bandgründer Oliver S. Tyr dazu in einem offiziellen Statement Stellung nahm.
Der Schwerpunkt des neuen Albums liegt im Gegensatz zum Vorgänger "Eden", auf welchem sich FAUN eher mit keltischer und skandinavischer Folklore auseinandergesetzt hatten, auf deutscher Dichtung und Märchen. Die Texte sind daher ausschließlich auf Deutsch. Nachdem die letzten Veröffentlichungen eher "unelektronisch" ausfielen, fällt am Sound des Albums vor allem die stellenweise erfolgte Ergänzung durch Pop-Elemente auf. Niel Mitra, seines Zeichens zuständig für alles Elektronische im Hause FAUN, erhielt hier also wieder einen deutlich höheren Anteil an der Musik – für mich, die ich auch Songs wie "Egil Saga" sehr mag, zunächst nichts Schlechtes.
Gleich sehr beschwingt und fröhlich kommt "Mit dem Wind", eine faunige "Hymne an die Freiheit" (um ein wenig aus dem Booklet zu zitieren) daher. Der Gesang von Fiona Rüggeberg und Neuzugang Katja Moslehner, der zeitweise durch Oliver S. Tyrs vergleichsweise hohe Stimme ergänzt wird, steht im Vordergrund. Leider steht der Song für mich schon sehr an der Grenze zum Schlager.
Der Titelsong greift thematisch ein bereits zuvor von der Gruppe vertontes Lied des Minnesängers Heinrich von Morungen auf, wobei der Text auf Neuhochdeutsch gesungen wird. Die von s. Tyr gespielte Harfe und Rüdiger Mauls Percussions kommen hier sehr schön heraus und versöhnen mich wieder. Wahrlich elbenhafter Gesang und Instrumentalisierung gehen hier eine schöne Symbiose ein und laden wie immer zum Träumen ein. Wirklich schön ist auch, dass im Booklet der Hintergrund und die Thematik eines jeden Songs beschrieben steht.
Mit "Tanz Mit Mir" wird ein fröhliches Trink- und Tanzlied geliefert, bei dem Björn Both von SANTIANO den männlichen Gesangspart übernommen hat. Seine Stimme hat genau die Derbheit mit dem Augenzwinkern, die für diesen Song passend erscheint ("Ach komm du Schöne, bring den Wein zu mir"). Da mir dieser Song seit dem ersten Hören im Kopf herumspukt, ist die Ohrwurmqualität bereits erwiesen. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass dieser Song so manchem eingefleischten FAUN-Fan sauer aufstößt, ist er doch sehr eingängig und mainstreamtauglich im Vergleich zu dem, was man sonst "gewohnt" war. Auch gefiel mir der Satz "Auf Wunsch unserer Plattenfirma" in der Songbeschreibung eher wenig...
Die nächste Überraschung auf dem Album ist "Schrei Es In Die Winde", eine Coverversion mit deutscher Übersetzung des gallischen Originaltextes des Songs "Omnos" von ELUVEITIE. Höchst gelungen, wie ich finde, denn es stellt sich bei mir die gleiche Gänsehaut beim Hören der Grundmelodie ein (das typische Drehleierspiel ist geblieben, ergänzt durch Fionas Flötenspiel), wie im Original. Schön wäre es vielleicht noch, den deutschen Text einmal gesungen von Anna Murphy zu hören, auch wenn Katja, in diesem Song einmal ohne Fiona, einen wunderbaren Job gemacht hat.
"Wilde Rose" ist ein eher schwermütiger und emotionaler Song, in dem eine Frau auf die Heimkehr ihres Liebsten aus dem Krieg wartet. Besonders erwähnenswert ist der Männerchor im Hintergrund, den ich so noch nie in einem FAUN-Song gehört habe, jedoch sehr passend finde.
"Welche Sprache Spricht Dein Herz" ist ein Titel, der wie gemacht scheint für die anstehende und schon fast zur Tradition gewordene FAUN Acoustic Tour im Frühjahr. So wie die Undine im vorliegenden Song einen Wanderer auffordert, ihr auf den Grund des Meeres zu folgen, laden die Musiker uns hier in ihre Welt ein, jedoch eher ohne böses Erwachen... Klänge der keltischen Harfe verbunden mit Fioans Flötenspiel und Rüdigers Percussions im Hintergrund sind die perfekte Untermalung für Katjas Gesang. Leider ist dieser mir hier auch teilweise ein wenig zu überladen.
Das "Andro II", welches die Weiterentwicklung eines bereits auf das Album "FAUN Licht" gebannten Andros (keltischer Kettentanz) bildet, ist hier mit dem Gesang von Sonja Drakulich aufgenommen worden. Sonja befindet sich derzeit mit ihrer Band STELLA MARA in den Aufnahmen zu einem Album und wird zu den Akustikkonzerten wieder mit FAUN zu sehen sein. Hier sind die elektronischen Klänge vermischt mit Dudelsack, Drehleier und Bouzouki ein echter Gewinn und lassen den Song zum Tanzen einladen.
Ein besonderes "Schmankerl" gerade für Fans der rockigeren Mittelaltersparte wird mit dem im neuen Gewand aufgenommenen SUBWAY TO SALLY-Klassiker "Minne" geboten. Bemerkenswert ist vor allem, dass der Song nicht nur gecovert, sondern direkt mit der Band im Studio neu aufgenommen wurde. Die mittelalterliche Untermalung ist sehr gelungen (Ingo Hampf an der Laute) und Katja als Minnedame, die auch "endlich" zu Wort kommt, ist eine wirklich tolle Ergänzung zu Eric Fishs Gesang.
Den Abschluss des 45:26 Minuten langen Albums bildet "Warte Auf Mich", zu welchem Michael Bodenski (ebenfalls SUBWAY TO SALLY) den Text lieferte. Noch einmal wird einiges aufgeboten. Harfe und Gesang bilden hier die emotionale, Dudelsack und Percussions eher die dynamische Seite. "Wart auf mich im ewigen Garten", ein schönes Schlusswort á la FAUN.
Letztendlich wird jeder für sich selbst entscheiden müssen, wie er das neue Album und die hörbaren Veränderungen empfindet. Dennoch fand ich es ein wenig erschreckend, dass sich Oliver S. Tyr schon vor Veröffentlichung des Albums nur durch die Reaktionen auf das Pre-Listening zu einem Statement gezwungen sah und dass bei aller Verteufelung oft vergessen wurde, dass die Band ebenso viel Arbeit und Energie in das Album und die Recherchen gesteckt hat, wie bisher.
Schade, dass auch im Jahr 2013 einer Band, die dabei ist, aus einer Nische herauszutreten, gleich Kommerz vorgeworfen wird und ihr der Erfolg von den eigenen Fans in einigen Fällen so gar nicht gegönnt wird.
Vielleicht kann die Akustiktour ein wenig zur Kühlung der Gemüter beitragen, wenn wieder das Elektronische in den Hintergrund tritt.