"Believe In Nothing" ist großartig und unterbewertet ...
Das Bindeglied zwischen "Host" und "Symbol Of Life" war und ist aus meiner Sicht ein unterbewertetes, großartiges Album der Gothic-Institution aus England. Der hochmelodische Opener "I Am Nothing", die poppigen, eingängigen Singles "Mouth" und "Fader", der doomige Stampfer "Sell It To The World" oder die tieftraurige Midtempo-Nummer "Illumination": "Believe In Nothing" steckt voller Highlights, von denen lediglich die "nur" guten, im Fahrwasser des Nu Metal entstandenen Nummern am Ende ("Control", "No Reason") nicht ganz mithalten können.
Das ruhige, vom Feeling her an die Titelmelodie von James Bond erinnernde "Divided" mit seiner dramatischen Orchestrierung und der krönende Abschluss "World Pretending" mit tiefschwarzen Riffs, schleppendem Tempo und hypnotischem Chorus sind hingegen PARADISE LOST-Hits allererster Güte.
Wer ewig nicht in das 2000er Album der Briten rein gehört oder direkt einen großen Bogen darum gemacht hat, sollte das also definitiv nachholen! Nur, wer auf Abwechslung scheißt, klassische Instrumente selbst als dezente Untermalung öde findet und mit Industrial-Einsprengseln derbe Probleme hat, darf gerne "Gothic" oder "Icon" hören.
... die Neuauflage ein zweischneidiges Schwert
Doch ist auch die remasterte und remixte Version der Scheibe eine Empfehlung? Leute, ich weiß es nicht. Ehrlich nicht. Das neue, düstere Cover mag mehr zum Image der Band passen, das originale Bienen-Cover habe ich aber gerade wegen seiner ungewöhnlichen Optik schnell lieb gewonnen. Darüber kann man getrost hinweg sehen.
Der "neue" Sound hingegen, besorgt von Jaime Gomez Arellano, ist eine Sache für sich – selbst, wenn "Believe In Nothing" jetzt so klingt, wie die Band das immer haben wollte. Im direkten Vergleich unterm Kopfhörer fällt auf, dass der Remix etwas fokussierter und geradliniger klingt. Keyboards und Effekte wurden teils stark in den Hintergrund gemixt, Orchester und Choräle nach vorne geholt. Einige Details hört man zum ersten Mal.
Insgesamt ist das Ergebnis aber überraschend drucklos, steril, ohne Ecken und Kanten. Dazu trägt auch der dünne Drum-Sound bei. Im Vergleich besitzt das Original den deutlich wärmeren, breiteren Klang. Die Drums haben einen deftigen Punch, die Gitarrenwände sind massiv, der Bass drückt. Die Songs klingen runder, voluminöser, kräftiger. Gut zu hören ist das zu Beginn von "Sell It To The World", dessen (zweifellos interessantes) originales, von düsteren Chorälen untermaltes Intro auf dem Remix völlig gegen den wuchtig-satten Bass des Originals abstinkt.
Ob PARADISE LOST den Fans einen Gefallen getan haben?
Klar, der Klang ist Geschmackssache und wird von jedem anders empfunden. Dass ich das Klangbild jetzt seit 18 Jahren kenne, spielt sicher auch eine Rolle. Mir persönlich ist der wuchtige, homogene Sound des Originals deutlich sympathischer als der geschliffene Remix, selbst wenn er Loops, Effekte und Spielereien teils deutlich zurückfährt. Aber eben dieses "technoide" Feeling des Originals gehört für mich einfach dazu.
Zu den beiden Bonustracks kann ich im Übrigen nichts sagen, die fehlen bei der Promo leider. Ob die letztendlich den Kaufanreiz geben, müsst Ihr selbst wissen.
Ich rate dringend dazu, mit den vorab ausgekoppelten Songs oder bei Spotify die beiden Versionen miteinander zu vergleichen. Denn eines ist bei aller Subjektivität Fakt: "Belive In Nothing (Remixed & Remastered)" klingt definitiv anders als das Original.
Tracklist
1 I Am Nothing
2 Mouth
3 Fader
4 Look At Me Now
5 Illumination
6 Something Real
7 Divided
8 Sell It To The World
9 Never Again
10 Control
11 No Reason
12 World Pretending
13 Gone (bonus track)
14 Leave This Alone (bonus track)