Bury me Deep - Nearly Down



Stil (Spielzeit): Gothic / Dark Rock (55:00)
Label/Vertrieb (VÖ): Silverdust Records / Soulfood Music (26.06.09)
Bewertung: 8 / 10

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Bei Gothic- / Dark Rock ist die Sache (für mich) ganz einfach. Der G/DR-Globus hat zwei Pole...
Der eine ist Ort scheußlichster Mascara-Massaker, liegt hoch im Norden und penetriert mit pseudo-romantischen Pop-Schmonzetten, die regelmäßig die Charts stürmen können, weil die Zielgruppe ihr Taschengeld noch nicht für Tampons und Akne-Cremes ausgeben muss.

Der andere Pol liegt im Westen, auf einer nebligen Insel, wo der Sinn des mondsüchtigen Lebens darin besteht, Unmengen wässrigen Tees in sich hineinzuschütten & des Nächtens sonnenbebrillt an Grabreihen vorbei zu flanieren: Ein Hort feiner und feinster Rocksongs, die mit erstaunlich viel Atmosphäre und noch mehr Verve ausgestattet sind.

Im Niemandsland dazwischen: ein paar Exoten wie die hiesigen BURY ME DEEP.
Äußerlich 3 Normalos (sehr angenehm das) + 1 singender Besitzer von Kajalstift und Kopfsocke namens Michelle Darkness (LoL), den andere vielleicht auch von END OF GREEN kennen, wo es etwas härter zu Sache geht.
Die weiteren Aliase sind nicht weniger „humorvoll" („Pain Pianowski" ist allerdings wirklich kultverdächtig); weshalb der skeptische Rezensent erstmal mit Angstschweiß auf den ersten Eindruck reagiert und der CD-Schacht: er klemmt. - Er ziert sich aber nahezu unbegründet.

„Nearly Down" ist die meiste Zeit nämlich ziemlich klasse. Das liegt vor allem daran, dass die Herren ziemlich gute Songschreiber sind und Michelle ein erstklassiger Dark Rock Sänger ist.

Mit ordentlichem Groove ausgerüstete Rocksongs, die den SISTERS dicht auf den Fersen sind wie der Opener „Cobalt Blue Light", Anleihen in der Gesangsführung bei WOLFSHEIM (Burn My Soul) oder das relaxt-melancholische „The Pain", das ein bisschen nach englischem Dark Wave anmutet: neu ist das Alles nicht, macht aber auf dem hohen Niveau reichlich Spaß und geht gut ins Bein. Und wenn mal der Pop-Bogen überspannt wird, wie bei „2 Circles (without an End)", lassen die Schwaben noch einen gutklassigen Refrain von der Kette, der den Song kurzerhand rettet.
Kurz vorm Pausentee deutet sich an, dass sie sich auch aufs Balladeske verstehen:
„Vampire's Empire" startet akustisch und ist instrumental eher unglamourös; dafür ist Herr Darkness, der dem Ganzen glaubhaft Melancholie und viel Dramatik einhaucht, ein echter Genuss. Dann nimmt der Song rockende Fahrt auf...

Da sich die Trademarks in der zweiten Hälfte im Wesentlichen wiederholen, wobei das Level der ersten Halbzeit m.E. nach nicht ganz gehalten werden kann, darf man fazitieren:

Auch ohne dem Genre etwas Neues zu spendieren, ist das ein tolles "Quasi-Debüt " (tatsächlich gab's unter dem Namen „Die Fuge" bereits zwei Alben: 2000 - Buried Love und 05 - Sleepless Sorrows), das aufgrund des nicht allzu gewöhnlichen Mischungsverhältnisses von Grooverock und Popgoth eine gewisse Eigenständigkeit bereithält.

Und weil man einen hochklassigen Sänger an die Front schicken kann, der nicht nur einfach eine tolle Stimme hat, sondern scheinbar mehrere. Seine stilistischen Mittel weisen Ähnlichkeiten von Robert Smith über Andrew Eldritch bis hin zu Peter Steele auf. Weil sich diese Abwechslung auch noch instrumental spiegelt (die Härte von TYPE-O sucht man allerdings vergeblich) ist „Nearly Down" ein ebenso eingängiger wie abwechslungsreicher Neustart.

Viel eher englisch als finnisch. Empfehlenswert für alle, die mit Goth im weitesten Sinne irgendetwas anfangen können.

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