Tunes Of Dawn - Of Tragedies In The Morning & Solutions In The Evening




Stil (Spielzeit): Gothic Rock'n Roll (57:20)
Label/Vertrieb (VÖ): Plainsong Rec. / Alive (09.05.08)
Bewertung: 8/10
Link: http://www.tunesofdawn.com
http://www.myspace.com/tunesofdawnmusic

Dass morgendliches Aufstehen eine Tragödie sein kann, kann ich ja verstehen. Ob diese Tragödie dann mit einer Rasierklinge beendet werden soll, darf jeder selbst entscheiden.
Als Alternative gibt es ja noch den Strick.
Schon auf dem Cover der neuen Platte von TUNES OF DAWN wird mit dieser Thematik gespielt. Vorwärtsgerichtet in die Ferne schauend steht jemand da, hinter dem Rücken ein Seil mit geknüpfter Schlinge. Der T.O.D. (schöne Idee) kommt erst am Abend, ist aber immer bei dir.
In dem Beipackzettel sind die vier Bandmitglieder in offenen Leichensäcken liegend abgebildet. Makaber? Mitnichten. Vielmehr wird auch hier ironisch mit einem Thema umgegangen, mit dem sich der größte Teil der Gesellschaft wahrscheinlich eher ungern auseinandersetzt.

Jetzt aber zur Musik. Ursprünglich waren die vier Berliner im untergründigen Death Metal beheimatet, was aber mittlerweile kaum noch aus ihrer Biographie herauszulesen ist. Verständlicherweise. Hat sich ihr Musikstil doch reichlich gewandelt. Allgemein könnte man es vielleicht mit ironisch, melancholischem, leicht progressivem Gothic Rock/Metal umschreiben.

Zu Beginn wird mit dunklen Gitarren und einem Glockenspiel gleich eine düstere Atmosphäre erzeugt, die zu einem hübsch, düster rockenden „Fall“ wird. Sehr schön passt die relativ tiefe Stimmlage von Hagen Schneevoigt dazu, die mit ihrem meist tragischen Timbre den Gothic-Touch untermauert.
Eines ist auch sehr deutlich: Das Keyboard ist immer dabei. Zur streicherischen Untermalung in „C.A.T.Y.A“, als Glockenspiel am Anfang oder mit düsteren Klavier-Zwischenspielen. Aber wenn auch mancher dagegen schimpfen würde, ich behaupte mal, dass es hier doch meist dazugehört und deshalb passt.

Thematisch spielt sich alles zwischen Liebe, Tod und deren Zusammenhänge ab. Doch auch wenn auf der Myspace-Seite als Einflüsse Rasierklingen, Stricke und Frauen angegeben werden, klingt immer wieder die Ironie mit durch. Allein der Titel „I’m So Goth, I Shit Bats“ sagt da alles, oder? Dies ist zwar nur ein kurzes Intermezzo, wo aus der Gruft schwarze Töne und Gestalten emporsteigen, aber es folgt das „Vampires Journal“, in dem begleitet von Orgelspiel der dunklen Seite der Macht gehuldigt wird. Von kirchlichen Sprechgesängen bis hin zu übertrieben artikulierter vokalistischer Dramatik findet man hier einiges.
Das „Motorcycle Baby“ wird dann sogar mit tiefen Growls empfangen, wobei die etwas härteren Riffs hier mit einer Elektro-Orgel dann doch wieder relativiert werden. „It’s All Tears“ ist trotz des Titel melodisch recht positiv gehalten und „Gloomy Sunday“ wird als Hommage an das vielfach vertonte ungarische Lied bzw. den Film gelten.

TUNES OF DAWN als deutsche MUSE zu beschreiben, wäre wohl nicht ganz angemessen, auch wenn es mich ab und zu ein bisschen daran erinnert. Aber dann auch wieder nicht. Als ob man mit einem Lachen im Gesicht in eine Kreissäge läuft.
Wer also gerne mit einem zynischen Grinsen auf der Sommerwiese sitzt und etwas Abkühlung durch die Kopfhörer braucht, der kann hier entspannt reinhören.
Manuel

"Größtenteils harmlos."

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