Suckapunch - Munition EP

suckapunch

Stil (Spielzeit): Hardcore / Rap (17:44)
Label/Vertrieb (VÖ): King of Kiez Records (19.12.09)
Bewertung: 7 / 10

Link:
http://www.myspace.com/suckapunchdsa
Mitten in die Fresse… Und das ohne Gnade, mit voller Wucht und nicht bloß einmal. Auch nicht zweimal, dreimal, viermal oder fünfmal. Erst nach dem sechsten Schlag beschließt das Hamburger Quintett, dass das Opfer, in diesem Fall der Hörer, genug hat, und lässt von ihm ab. Tja, so ist das heutzutage nun mal. Wenn der Gegner am Boden liegt, heißt das noch lange nicht, dass der Kampf beendet ist. Nachtreten gehört mittlerweile zum guten Ton und Ehre ist ein Fremdwort. Was ist bloß aus den guten, alten Hooligan-Attitüden geworden? Aber genug der pseudo-kritischen Schwafeleien... Auch wenn ich ein etwas ungutes Gefühl im Bauch habe, eine Scheibe zu loben und mit sieben Punkten zu bewerten, die lyrisch nichts zu bieten hat außer jeder Menge Haßtiraden und direkter Androhung von Gewalt. Und das ausgerechnet jetzt, wo gerade die verkorkste Hamburger Jugend mal wieder durch unverhältnismäßig brutale Gewaltverbrechen deutschlandweit Mittelpunkt der Diskussionen ist. Da fällt es mir wirklich außerordentlich schwer, abzuwägen und zu entscheiden, worauf ich die zu vergebende Punktzahl aufbaue. Auf der einen Seite steht da die musikalische Leistung und das daraus entstehende Gesamtbild, auf der anderen der moralische Aspekt. Also wenn einer der Musiker oder Rapper von SUCKAPUNCH eines Tages in den Medien auftaucht, weil er einem unschuldigen Wicht ein Messer ins Herz gestochen hat, um sein Revier zu markieren, werde ich mich mit Sicherheit schämen, die folgenden Absätze verfasst zu haben...

Doch ich glaube mal an das Gute im Menschen und daran, dass die Klappe und vor allem das Gewissen bei den fünf Jungs deutlich größer ist als die tatsächliche Gewaltbereitschaft. Denn was ich auf „Munition“ höre, lässt mich nur schwerlich darauf verzichten, mit dem Kopf zu nicken. Diese sechs Tracks strotzen nur so vor Energie, Groove und Aggression. Und an musikalisch ausgelebter Aggression an sich habe ich ja nun wirklich nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil. Wenn es ehrlich, direkt und unaufgesetzt wirkt, ist meine persönliche Aufmerksamkeit auf alle Fälle schon einmal geweckt. Und das ist bei SUCKAPUNCH ganz klar der Fall. Die Texte sind wie ein fetter, gelber Batzen, der dir mitten ins Gesicht gerotzt wird. Halt ein verbaler Schlag in die Fresse. Und wenn man mal davon absieht, dass sich dies natürlich auch negativ auf das Verhalten von leicht zu beeinflussenden Hohlköpfen auswirken könnte, ist das genau die Art von Lyrik, die man von der Strasse erwartet. „Pass auf, wenn Du mein’ Grund betrittst – es ist der Pitbull, der Dich zerfickt!“... Lässt sich gut aussprechen, klingt derbe aggressiv und erzielt genau die Wirkung, die beabsichtigt wurde. Man fühlt sich von derartigen Warnungen ja nicht selber angesprochen, sondern grölt diese Parolen euphorisch mit und stellt sich vor, man wäre in einer entsprechenden Situation und könnte tatsächlich jemandem damit Angst einjagen. Einmal für knappe achtzehn Minuten ein harter Hund sein...

Betrachtet man die Instrumentalisierung, die dem geneigten Hörer auf dieser EP geboten wird, kann man zwar nicht unbedingt von technischen Höchstleistungen sprechen, doch bewegen sich die drei Musiker stets im soliden Mittelfeld, was groovenden Hardcore betrifft. Werden die Songs auch hauptsächlich ganz klar von den lyrischen Darbietungen der beiden Rapper getragen, rücken die Instrumente doch auch nicht vollkommen in den Hintergrund. Fette Riffings, die sich rhythmisch stets an den überwiegend deutschen Texten orientieren, und relativ simple, aber effektive Trommeleien beweisen, dass die Jungs nicht bloß mit Rap aufgewachsen sind...

Auch der klassische Hardcore steckt dem Quintett definitiv im Blut. Es klingt in etwa so, wie wenn sich SICK OF IT ALL oder eine vergleichbare Truppe einen Gastrapper ins Boot holt. „Munition“ bietet alles, was man von anständigem Hardcore erwartet. Fette Breakdowns, markante Gangshouts und Singalongs sowie einen ordentlich drückenden Sound. Also auf alle Fälle ein solide kopfnickertaugliches Scheibchen, das Lust auf mehr macht. Wer jetzt noch mit St. Pauli im Allgemeinen sympathisiert, muss unbedingt mal reinhören...