Rawside - Widerstand Tipp

Rawside_Widerstand

Stil (Spielzeit): Hardcore-Punk (38:06)
Label/Vertrieb (VÖ): Aggressive Punk Produktionen (08.10.10)
Bewertung: 8 / 10

Link:
http://www.myspace.com/rawsidepunk
Widerstand gegen Deutschland... Nicht unbedingt der cleverste und sicher auch nicht der außergewöhnlichste sozialkritische Refrain aller Zeiten, aber RAWSIDE dürfen das! Wer, wenn nicht die fünf kultigen Hardcore-Punker aus Coburg? Immerhin bewegte sich sowohl deren spieltechnisches als auch ihr lyrisches Niveau schon seit Bandgründung im Jahre 1993 deutlich über dem Szenedurchschnitt. Und daran hat sich auch 2010 nichts geändert. Wer glaubt, die alten Herren hätten mittlerweile etwas von ihrer charakteristischen Power und Aggressivität eingebüßt oder seien seit ihrem letzten Studioalbum namens „Outlaw“, dessen Veröffentlichungsdatum ja nun auch schon sechs Jahre zurückliegt, vielleicht sogar etwas eingerostet, der liegt sowas von falsch. Falscher geht fast gar nicht. Noch falscher wäre Faschist. Oder Politiker. Oder Polizist. Aber ich kann mir bei genauerer Überlegung auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies tatsächlich jemand angenommen haben könnte. Eigentlich dürfte doch jeder, dem RAWSIDE auch nur ansatzweise ein Begriff ist, nicht den geringsten Zweifel daran gehegt haben, dass auch deren neuestes Machwerk „Widerstand“ wieder ein prächtiges Feuerwerk an Hardcore-lastigen Punkbatzen ausspucken wird.

Und mit dieser Annahme läge man auch richtig. Von etwaiger Ermüdung, Ideenlosigkeit oder gar mangelnder Glaubwürdigkeit seitens der Band fehlt innerhalb der dreizehn neuen Tracks ebenso jede Spur wie von Enttäuschung oder Langeweile beim Konsumenten. Gleich der Opener „Brut of scum“ stellt klar, in welche Richtung das neue Songmaterial geht. Und zwar auf direktem Weg in die Kauleiste. Es wird zwar auch gleich in diesem Track wieder daran erinnert, dass die Jungs von RAWSIDE damals im Englischunterricht sehr viel mehr Spaß daran hatten, vierstellige Kombinationen aus den ersten drei Buchstaben des Alphabets in die Tische zu ritzen, anstatt dem Gelaber des spießigen Lehrers zu folgen, doch das ist uns allen ja auch schon aus früheren Veröffentlichungen bekannt und darüber hinwegzusehen dürfte wohl niemandem wirklich schwer fallen. Man weiß ja zumindest, was gemeint ist. Und das ist überwiegend alles andere als dumm. Das Quintett bleibt selbstverständlich seiner idealistischen Linie treu und behandelt Themen wie Kapitalismus, soziale Mißstände, Krieg und eben Widerstand auf die altbewährt kritische bis aufrührerische Art und Weise. So muss das sein.

Vorgetragen werden diese Schlachtrufe überwiegend auf Englisch, wobei auf dieser Scheibe gerade die paar deutschsprachigen Songs meiner Meinung nach herausstechen, da sie den höchsten Wiedererkennungswert bieten und auch mit den ohrwurmtauglichsten Refrains ausgestattet wurden. Der großartig brachiale Titeltrack, das schnelle „Kettenreaktion“ und der hymnenhafte Gassenhauer „Was ist zu tun?“ sind hierbei meine absoluten Anspieltipps. Doch auch sämtliche anderen Tracks bieten Hardcore-Punk vom feinsten. Lückenfüller gibt es glücklicherweise nicht. Höchstens Stücke, die nicht weiter auffallen, weil die RAWSIDE-typische Geschwindigkeit fast durchgehend beibehalten wird und man zufrieden kopfnickend überhaupt nicht bemerkt, dass schon wieder ein Song verstrichen ist. Dabei dürfen so richtig schön groovende Passagen aber natürlich auch nicht fehlen. Musikalisch gibt es also wieder die einigermaßen simple, aber effektive Mischung aus eingängigem Punk und aggressivem Hardcore auf die Ohren, wegen der wir alle RAWSIDE so lieb gewonnen haben und in einem Atemzug mit Szenegrößen wie THE EXPLOITED nennen dürfen. Definitiv kein Punk für Weicheier.

Und ebenso definitiv kein Garagenpunk. Das wird nicht nur durch das saubere Gitarrenspiel, die tighten Drums und die sichere Grölstimme von Frontmann Henne verdeutlicht, sondern auch durch das relativ fette Soundgewand. Die Herren von RAWSIDE brauchen keinen miesen Garagensound, um authentisch zu wirken. Da stehen die mittlerweile drüber. Und so können sie es sich auch erlauben, neben „Killer“ von VORKRIEGSJUGEND auch „I shot the sheriff“ von Bob Marley auf augenzwinkernde Weise zu covern. Saubere Arbeit...