http://www.myspace.com/leesrequest
Punk is not dead… Diese so herrlich romantischen Worte mögen zwar etwas obsolet wirken zu Zeiten, in denen solch eher subindividuelle Poprocker wie GREEN DAY als Punk-Band bezeichnet werden und kleine Mädchen, die mehrere Stunden vor dem Spiegel stehen, um so auszusehen, als wenn sie genau dies nicht täten, diesen Spruch auf einem bei Saturn gekauften Button stolz auf ihren Markenklamotten präsentieren. Doch glücklicherweise gibt es selbst in diesen brechreizerregend gestylten Zeiten noch immer wahre Verfechter des rauhen, ehrlichen und ursprünglichen Punks. Und allein diesen hoffnungslos Gestrigen ist es zu verdanken, dass dieser Spruch niemals vollends seine Bedeutung verlieren wird. Einer von ihnen nennt sich schlicht Lee, grunzt sich bei der Grindcore-Kapelle YUPPIE CLUB die Seele aus dem Leib und hat nun mit LEE’S REQUEST sein eigenes Soloprojekt ins Leben gerufen. Und wie könnte man der guten, alten Zeit und ihren Helden besser huldigen als mit einem knüppelharten Debutalbum, welches neben vier ebenso kurzen wie aussagekräftigen Statements bezüglich der musikalischen Entwicklung dieser Szene nichts weiter enthält als zehn aggressionsgeladene Coverversionen guter, alter Klassiker aus dem Punk-, Metal- und Grind-Lager?
Richtig. Mit einem knüppelharten Debutalbum, welches außer dieser akustischen Hommage zusätzlich noch ein Gratis-Shirt beinhaltet. Man soll ja schließlich auch Flagge zeigen. Und an einem Shirt, auf dem dick und fett „Grindcore“ steht, macht sich der „Punk is not dead“-Button natürlich deutlich besser als an einem, auf dem „Ed Hardy“ steht. Dass man ganz nebenbei noch für das St.Pauli-Kultgetränk „Kalte Muschi“ Werbung läuft, lassen wir hierbei mal außer Acht. Die Idee, den geneigten Käufer dieser Scheibe mit einem kostenlosen Shirt für die verhältnismäßig kurze Spielzeit von zweiundzwanzig Minuten zu entschädigen, ist an sich doch durchaus lobenswert. Doch das ist noch nicht alles, was an dieser Scheibe ein Lob verdient. Da wäre zum einen die für eingefleischte Grindheads der ersten Stunde wahrhaft vorzüglich getroffene Songauswahl. Mit “Consume” von HERESY, „Murder“ von EXTREME NOISE TERROR oder „Evolved As One“ von NAPALM DEATH hat der gute Lee ein solides Händchen für vorbildliche Grindgranaten bewiesen. Diese Klopper werden bestens ergänzt durch eingängige Punk-Hymnen wie „Feel Like A Man“ von NEGATIVE FX und bösartige Deathmetal-Klassiker wie „Pledge Of Allegiance“ von MASTER. An Abwechslung mangelt es der Scheibe also nicht.
Hinzu kommt die Authenzität der Vertonung. Hier wird nichts in die Modernität transportiert oder sonstwie großartig abgewandelt. Der Sound ist fast so roh, dünn und schrammelig wie damals, die Instrumente dürfen auch gerne mal etwas neben der Spur rumpeln und Lee selber klingt auch nicht gerade nach Deutschlands neuem Supergrunzer. Und trotz all dieser erheblichen, aber nicht unbeabsichtigten Schönheitsfehler klingt die Scheibe rund. Es passt einfach alles zusammen. „Aggressive Past“ ist nun mal nichts weiter als eine musikalische Verbeugung vor den alten Legenden und genau dies wird dem Hörer auch so vermittelt. Da stellt sich eigentlich bloß noch die Frage, ob die Grindwelt eine derartig unveränderte und genaugenommen dementsprechend unoriginelle Ansammlung von Neuvertonungen wirklich braucht. Nun, dies muss jeder für sich entscheiden. Immerhin ist das Ganze nun etwas lauter abgemischt und in dieser Zusammenstellung hat es die zehn Tracks auch zuvor noch nicht gegeben.
Man kann diese Platte also wohl am besten als eine Art nostalgische „Best Of“-Compilation in Sachen Grindcore und Punk bezeichnen. So gesehen kann es von mir eigentlich nur eine uneingeschränkte Kaufempfehlung geben. Wenn auch der Charme der Originale natürlich nie ganz erreicht werden kann. Zusammenfassend kann man aber behaupten, dass Lee und seine unterstützenden Mitstreiter, zu denen auch Tom Angelripper gehört, mit „Aggressive Past“ ein schnelles, kurzes und zudem sehr kurzweiliges Album eingezimmert haben, das hauptsächlich durch seine Oldschool-Attitüde besticht. So etwas hält den Punk am Leben...
Stil (Spielzeit): Grindcore (22:03)
Label/Vertrieb (VÖ): The Finest Noise (07.01.11)
Bewertung: 7 / 10