Letlive - Fake History (Re-Release)

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Stil (Spielzeit): Progressive Hardcore (56:27)
Label/Vertrieb (VÖ): Epitaph Records / Indigo (15.04.11)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/letlive

Schwierig... Ich habe in der obigen Zeile, in der die Stilbezeichnung der hier zur Diskussion stehenden Scheibe angeführt wird, immer gerne nur ein Wort stehen. Mit ausschweifenden und letztendlich doch nur verwirrenden Begriffskombinationen wie „Progressive Emo-Post-Hardcore-Metal-Punk’n’Roll“ ist nun wirklich niemandem geholfen und meiner Meinung nach braucht auch nicht jede neumodische Kapelle unbedingt ihre eigene Schublade. Doch die fünf kreativen Amis von LETLIVE machen es mir leider alles andere als leicht, den äußerst komplexen und vielseitigen Stoff, den sie auf ihre mittlerweile dritte Veröffentlichung haben pressen lassen, mit einem einzigen Wort einigermaßen treffend zu beschreiben. Doch wenn auch ich persönlich diesen Umstand etwas bedauere, so spricht er doch letztendlich stark für die Qualität und vor allem den Abwechslungsreichtum der vierzehn Tracks, welche sich auf der Neuauflage von „Fake History“ bewundern lassen. Die elf ursprünglichen Songs hat das fast ebenso hektische wie emotionale Quintett aus Los Angeles für das neue Plattenlabel „Epitaph Records“ um drei weitere Titel ergänzt und somit den komplexen Hörgenuss auf eine knappe Stunde ausgedehnt. Eine knappe Stunde voller unterschiedlichster Emotionen, Höhen und Tiefen.
Was ich nun mit „Progressive Hardcore“ betitelt habe, klingt genaugenommen wie eine recht unentschlossene Mischung aus wildem Hardcore der ganz modernen Sorte, wie ihn auch die großartigen REFUSED nicht abgefahrener hätten komponieren können, sentimentalem Rock der Marke CKY in ihren etwas weniger poppigen Momenten, hektischem Metalcore, der sich in seiner Komplexität nicht vor BRING ME THE HORIZON verstecken muss, krass zwischen Aggression und Emotion pendelndem Nu Metal in bester DEFTONES-Manier und einer mehr als deutlichen Portion Post-Hardcore, wie ihn beispielsweise GLASSJAW oder auch AT THE DRIVE-IN zu spielen pflegen. Das Ganze wurde dann noch mit einem alles überschattenden Punkrock-Attitüden-Zuckerguss versehen und fertig ist der „Progressive Emo-Post-Hardcore-Metal-Punk’n’Roll“. Guten Appetit. Doch so interessant und aufregend das alles jetzt auch klingen mag, so wenig eingängig und mitreißend wirkt das Endergebnis leider streckenweise auf den geneigten Hörer. Und so innovativ und außergewöhnlich es klingen mag, so wenig hebt sich die Ganze doch letztendlich in den einzelnen Passagen von den oben angeführten Vergleichsbands ab.

Der Gedanke, die unterschiedlichen Abschnitte der überdurchschnittlich langen Titel, welche zugegebenermaßen recht detailverliebt arrangiert wurden, zuvor schon in vergleichbarer Art und Weise anderswo gehört zu haben, schleicht sich leider immer wieder mal ein. Und das, obwohl die Songstrukturen wirklich außergewöhnlich ideenreich daherkommen und auch die Übergänge stets sehr stimmig gestaltet wurden. Die Songs kommen zwar ohne Klischees wie die heutzutage obligatorischen Breakdowns aus, halten sich aber dennoch häufig an das altbekannte Schema des mehr oder weniger melodischen Refrains, welcher auf den gerade noch so wilden Schrei-Part folgt. Es ist also alles irgendwie so semi-originell, dass LETLIVE zumindest meine Wenigkeit noch nicht auf ganzer Linie überzeugen konnten. Wobei ich zugeben muss, dass einige Tracks wie das verträumte „Enemies (Enemigos)“ oder auch das starke „Muther“ nach mehreren Durchläufen nun auch in meinen Ohren einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.

Man muss „Fake History“ also auf alle Fälle eine zweite Chance geben, falls die Songs nicht gleich bei der ersten Hörprobe zünden sollten. Denn die Qualität sowohl der Songstrukturen als auch der Spielweisen ist ziemlich weit oben angesiedelt. Der Sound drückt, das Tempo ist abwechslungsreich und auch der vielseitige Gesang kann sowohl in den Scream-Parts als auch in den cleanen Passagen überzeugen. Wem LETLIVE von den beiden Vorgängeralben her ein Begriff ist, dem sei noch gesagt, dass die allgemeine Aggressivität auf „Fake History“ etwas heruntergeschraubt wurde und das Gesamtbild nun ein wenig poppiger daherkommt. Der Weg in die richtige Massenkompatibilität ist damit jedoch noch lange nicht geebnet...