Link: http://www.myspace.com/iperyt
Pure Zerstörungswut… Die fünf polnischen Misanthropen von IPERYT scheinen unter ganz massiven Verhaltensstörungen zu leiden. Anders ist dieser chaotische Wutausbruch nicht zu erklären. Ein derartiges Lärmgewitter ist mir schon länger nicht mehr untergekommen und da ich erst kürzlich mal wieder einige Scheiben von LAST DAYS OF HUMANITY habe rotieren lassen, ist dies eine Leistung, auf die dieses vollkommen durchgeknallte Quintett durchaus stolz sein kann. Denn der Begriff „Lärm“ ist in diesem Zusammenhang natürlich alles andere als negativ aufzufassen. Ganz im Gegenteil. Dieser äußerst kranke Bastard aus Blackmetal, Grindcore und elektronischem Hardcore lässt mich auch nach etlichen Durchläufen noch mit einem euphorischen Grinsen im Gesicht die Lautstärke aufdrehen und die geballten Fäuste schütteln. Dabei passt ein euphorisches Grinsen eigentlich überhaupt nicht zu dieser Art von Instrumentenvergewaltigung. Geballte Fäuste schon viel eher. Denn was IPERYT hier so auf die arschtretenden Beine gestellt haben, ist von Fröhlichkeit weit entfernt und verbreitet viel mehr eine intensiv düstere und bedrohliche Stimmung. Das Schockierendste daran ist wohl die verflucht authentische Attitüde, mit der die fünf potentiellen Amokläufer ihre Hassanfälle auf uns loslassen, denn diese Art von Zorn wirkt wirklich alles andere als aufgesetzt. Denen möchte ich nicht im Dunklen begegnen...
Über dieses kleine, verchromte Kommunikationsmittel jedoch lasse ich die Polen ihren Zorn liebend gern über mich ergießen. Das bereitet Freude. Denn derartig innovativ und herzblütig gestaltete Hasstiraden sucht man anderswo vergebens. Von der Authentizität her wohl am ehesten mit rauem und ursprünglichem Blackmetal vergleichbar, bieten IPERYT musikalisch doch sehr viel mehr als das typische und stets eintönige Hochgeschwindigkeitsgeschrammel der Konkurrenz. Aufgewertet durch astreine Grindcore-Rhythmen und einige Riffings, welche auch auf einer modernen amerikanischen Deathmetal-Scheibe nicht auffallen würden, grenzt sich diese geistesgestörte Kapelle vom klassischen Blackmetal deutlich ab. Wenn auch hier ganz offensichtlich die musikalischen Wurzeln des Quintetts liegen. Das ganz klar auffälligste Alleinstellungsmerkmal dieser Band ist jedoch der Einsatz eines Drumcomputers. Und was für einer. Daher rührt auch die obige Stilbezeichnung „Terrorcore“. Denn diese normwidrige Mischung aus Metal und Techno könnte man sich passagenweise auch in einem düsteren, drogenverseuchten Underground-Gabbaschuppen vorstellen. Hier sind Vergleiche zu THE BERZERKER nicht unangebracht...
Allerdings strahlen die Polen sehr viel mehr Bösartigkeit aus als THE BERZERKER. Es geht hier vielleicht manchmal etwas langsamer zu als bei den Australiern, doch gerade dann wirkt die Musik von IPERYT meist auch am bedrohlichsten. Ein bis in die letzten Hirnwindungen durchdringender Track wie das mantraartige „Keep your eyes closed“ beispielsweise vermag in Sachen Geschwindigkeit und Aggressivität zwar nicht das Niveau eines Berserkers oder auch anderer IPERYT-Titel zu erreichen, besticht jedoch durch seine Intensität und bleibt so sehr viel länger im Gedächtnis. Überwiegend geht es auf „No State Of Grace“ jedoch extrem schnell und offensiv zur Sache. Immer wieder unterbrochen durch mitreißende Grooves und stampfende Rhythmen liegt das Hauptaugenmerk doch ganz klar auf Geschwindigkeit und vertonter Brachialität. Und dieses Konzept geht wunderbar auf. Die elf Tracks strotzen nur so vor Aggression, sind dabei stets abwechslungsreich und gestalten sich durchweg eingängig, wenn man denn mit Krach sympathisiert...
In Sachen Originalität, Vielfalt, Songwriting und vermittelter Atmosphäre wird dem geneigten Hörer auf dem mittlerweile zweiten Album des Quintetts also mehr als überdurchschnittlicher Stoff geboten, der kaum etwas zu wünschen übrig lässt und dem ersten Longplayer in nichts nachsteht. Zudem ist die Platte mit einem entsprechend sterilen Sound ausgestattet worden, der passender nicht hätte ausfallen können, und auch der Shouter trägt seine antichristlichen Texte angemessen aggressiv vor. Nächstes Mal noch etwas mehr Stampfrhythmus und ich bin endgültig überzeugt. So bleibt es vorerst bei guten und ausbaufähigen acht Punkten...
Stil (Spielzeit): Terrorcore (40:52)
Label/Vertrieb (VÖ): Witching Hour Productions (01.03.11)
Bewertung: 8 / 10