Geschrieben von Kai Donnerstag, 08 Dezember 2011 20:02
Pianos Become The Teeth - The Lack Long After Tipp
Stil/Spielzeit: Screamo / Posthardcore / Hardcore (37:16)
Label/Vertrieb (VÖ): Topshelf /Soulfood (02.12.11)
Bewertung: 8,5 / 10
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Screamo ist nicht tot – es ist nur schwerer geworden, Bands zu finden, die sich in diesem Genre nicht nur auf ihrem Baukastensystem ausruhen und den sicheren Leitfäden der Kollegen hinterherrennen. PIANOS BECOME THE TEETH gehören definitiv zu den spannenderen Vertretern, weshalb es manchmal schon fast schwer fällt, dies unter Screamo zu filen, da hier einfach ein anderer Sound zelebriert wird als das, was mir in den letzen Monaten immer wieder unter Screamo verkauft werden sollte.
Die Herren aus Baltimore legen hier (wenn ich da richtig informiert bin) ihr erstes Album vor – wobei acht Songs sich erst mal nach einer weiteren EP anhören. Allerdings ist die Spielzeit von 37 Minuten für das Genre dann doch wohl eher eine Albumlänge. Und wer jetzt im Kopf ganz schnell Mathe macht, dem wird klar, dass die Stücke alle relativ lang sein müssen. Und man merkt den Stücken auch an, wie viel Arbeit in ihnen steckt. Sie bauen sich auf, fahren runter und schlagen Haken und können sich dennoch genügend Zeit für einen atmosphärischen Aufbau nehmen. Und sie sind vor allem eines: am Limit!
Und damit ist vor allem ihr Sänger gemeint. Im Gegensatz zu den Kollegen von LA DISPUTE heult er zwar nicht die ganze Zeit, aber auch er bewegt sich immer an der zu leistenden Grenze und schreit sich die ganze Zeit über die Stimmbänder blutig. Egal, ob die Band grade knüppelt, atmosphärisch wird oder etwas aufbaut: er schreit und schreit und schreit und klingt wie jemand, der alles, aber auch wirklich alles verloren hat. Verzweiflung ist da kaum noch der richtige Ausdruck. Deshalb kann der Mann vermutlich auch nicht in den Cleangesang wechseln – hier liegt das sterbende Herz auf der Zunge – und seine letzen Zuckungen sind anscheinend extrem laut!
Höhepunkt des Album sind die beiden zusammenhängenden Stücke „Liquid Courage" und „Spine", die im Endeffekt ein achtminütiges Epos darstellen, welches sich sehr langsam aufbaut, um dann im organisierten Chaos zu enden (was für ein Drummer!). Nach den beiden Songs liegt die Kinnlade erst mal auf der Brust und der Finger auf der Repeattaste. Wem es nicht zu eintönig wird, wenn ein Sänger durchgehen am Limit ist und sich die Seele aus dem Leib schreit (ohne ansatzweise nach Metal zu klingen) und auf atmosphärisch, vertrackten und verzweifelten Screamo/Hardcore steht, der wird an dieser Band nicht vorbei kommen!