Stil (Spielzeit): Metal / Prog / HardCore (41:15)
Label/Vertrieb (VÖ): Vagrant / Pias (15.02.08)
Bewertung: 8,5 / 10
Link: http://www.myspace.com/protestthehero
http://www.protestthehero.com/
2005 traf mich eine Platte wie ein Schlag: „Kezia“ von den kanadischen PROTEST THE HERO. Die Jungs waren alle grade 19 Jahre alt und lieferten ein Album ab, welches für mich persönlich eine Anhäufung von Superlativen war. Grandiose Melodien (obwohl der Gesang in Richtung Powermetal geht, was so gar nicht mein Fall ist), unfassbare Riffs und Soli, wahnwitzige Breaks und chaotisch/geniales Songwriting und alles in einer Geschwindigkeit, Härte und Instrumentenbeherrschung, die mir vor Neid die Schamesröte in`s Gesicht trieb.
Und nachdem ich diesen Brocken von einem Album (samt Konzeptlyrik) verdaut hatte, war auch schon Vorfreude auf das nächste Werk meiner neuen persönlichen Helden angesagt. Und jetzt ist es da: „Fortress“! Und auch wenn ich leichte Abstriche machen muss – das warten hat sich gelohnt. Wie beim Debüt gewinnt die Band auch dieses mal wieder den Flitzefinger-Des-Monats, den Prog-Award und die „Rote Schale der offenen Münder“. Denn wie sie auch dieses Mal wieder Songteile miteinander verbinden, ohne mit der Wimper zu zucken, haucht mir Demut ein. Man kennt das ja: man steht im Proberaum, hat zwei geile Songparts und weiß nicht wie man sie miteinander verbindet. Wie leitet man die in einander über? Solo? Break? PTH gehen da einen Schritt weiter: Sie setzen sie einfach direkt aneinander und spielen das so überzeugt, dass man gar nicht auf die Frage kommt, wie sie das wohl gemacht haben. Als wäre es das Einfachste der Welt.
Dementsprechend ist „Fortress“ wieder ein Ritt auf der Kanonenkugel, der so viele Wendungen, Höhen, Tiefen und Abbiegungen macht, dass einem ganz schwindelig wird. Und auch wenn es in anbetracht des Debüts albern klingt: aber PTH sind (noch) erwachsener geworden. Sie wissen, was sie können (und worin sie besser geworden sind) und setzen es auch ein. Vor allem Sänger Rody Walker scheint um einiges facettenreicher, nuancierter und selbstbewusster geworden zu sein. Nach wie vor treffen sich in diesem Sound DREAM THEATER und AVENGED SEVENFOLD (ohne die GUNS N ROSES-Elemente allerdings). Man könnte auch von OPETH für die –Core-Generation sprechen. Denn obwohl es hier keine wirklichen Breakdowns hagelt, hat das Album schon einige moshige Momente – vielleicht sogar mehr als früher.
Leider finde ich auf „Fortress“ allerdings nicht ganz so viele Killer-Hooks und Melodieausbrüche wie auf „Kezia“. Nicht das sie nicht vorhanden wären – trotzdem fällt das Album in der zweiten Hälfte ein wenig ab. Zumindest lassen mich die letzten Songs nicht mehr ganz so laut in Jubel ausbrechen - wenn ich das mit dem Vorgänger vergleiche. Dafür gibt es aber andere beeindruckende Momente zu finden, wie z.B. ein sehr proggiges Keyboardsolo oder abgefahrene Interludes. Im großen und Ganzen ist „Fortress“ aber auch wieder ein Meisterwerk geworden (und auch wenn es diesmal kein Konzeptalbum im Sinne einer Geschichte ist, hängen die Stücke doch thematisch zusammen und sind in Kapitel unterteilt), welches Zeit braucht, um ganz erschlossen zu werden – im ersten Durchlauf erschlagen einen die Notenflut und die Umbrüche. Aber da die Songs auch über genügend Punch verfügen, ist das hier kein Album geworden, welches nur (teilweise neidischen?) Musikern Spaß macht. Die Vielzahl an Melodien und Grooves macht halt einfach Spaß und lädt immer wieder zum Staunen ein. Auch wenn ich „Kezia“ an einigen Stellen genialer fand, ist das neue Album immer noch eine Entwicklung und immer noch großartig. Hoffentlich bleibt diese Band noch für ein paar mehr Alben erhalten.