Die Lösung liegt in geschickten Arrangements und Technik. So hat der Gitarrist bestimmte Tretminen und Amps etc., die es ihm erlauben, den Bass beim Spielen zu simulieren. Klingt komisch, ist aber so, habe ich auch irgendwo schon mal live im Einsatz gesehen. Auf dem Album hier haben sie es aber anders gelöst und einfach sechs Gastmusiker dazugeholt, die zusätzliche Vocals, Bass und Gitarre beigesteuert haben. COILGUNS war die Atmosphäre und das Zusammenspiel wichtiger, als alles andere. Und so haben sie tatsächlich alle Stücke hier live aufgenommen und nicht nacheinander gestückelt. Hut ab davor!
Das Album, welches dauernd zwischen Hardcore, Noise, Chaos, Punk und etwas Prog (und in einem Fall sogar Thrashmetal) hin und herpendelt, beginnt mit einem zweigeteilten Stück, welches a) ziemlich lang und b) ziemlich dialektisch angelegt ist. Zunächst erwartet den Hörer eine totale Hardcore/Noise-Attacke und es gibt sofort aufs Maul, danach fangen sie wieder ganz unten an und ziehen das Stück dann elf Minuten lang immer weiter nach oben und werden immer intensiver und drängender. Wenn sich hier noch die Vocals richtig durchsetzen könnten und sich der Dramatik des Songs anpassen würden, hätte das ein kleiner musikalischer Meilenstein werden können.
Danach geht es „konventioneller" weiter und die Stücke werden (mit Ausnahmen!) wieder „normal lang" – aber nicht weniger aufreibend. Leider kommen auch hier die Vocals nicht immer deutlich durch, was ich als einen der wenigen echten Kritikpunkte an diesem Album sehe. Die COILGUNS waren bereits mit Bands wie DILLINGER ESCAPE PLAN, NORMA JEAN und NASUM unterwegs, was musikalisch durchaus als Fingerzeig auf ihren Sound zu verstehen ist, wobei dieses Schweizer Trio deutlicher im Hardcore verwurzelt ist.
Je mehr man sich mit der Band beschäftigt, das Album und die schöne physische Erscheinungsform auf sich wirken lässt (und sich immer wieder überrascht fragt, wie das als Trio funktionieren kann), umso mehr wachsen einem die COILGUNS ans Herz. Ich bin auch nur einen Funken davon entfernt gewesen, dem Album acht Punkte zu geben. Aber ich verstehe nicht so ganz, warum die Vocals so in den Hintergrund gerückt werden. Damit wird dem Album meiner Meinung nach an der ein oder anderen Stelle einiges an Dynamik genommen. Ansonsten: beide Daumen hoch und unbedingt im Auge behalten.
Die COILGUNS sind mir zuerst mit ihrer Split mit NEVER VOID (NVRVD) aufgefallen, aber mit „Commuters" habe ich jetzt das erste Full Length der Schweizer in den Händen und bin nach wie vor beeindruckt, was für einen Höllenlärm dieses Trio veranstalltet! Und vor allem: wie kommt es, dass sie ein Trio sind?