„Letters Home" ist das erste Machwerk von DEFEATER, an das ich mich erst gewöhnen musste, weil es für mich nicht direkt beim ersten Durchgang als konsequente Steigerung und Verbesserung des bisherigen Schaffens der Bostoner zu erkennen war. Aber auch ihr drittes Full Length reiht sich mit der Zeit in die Riege der großartigen Alben modernen Hardcores ein.
Zunächst fällt auf, dass die cleanen Gitarren etwas zurückgeschraubt wurden – es gibt auch keine Akustiksongs mehr. Aber dennoch wurde viel Wert auf Dynamik und Atmosphäre gelegt. Nur eben etwas anders. So mäandern DEFEATER z.B. etwas mehr im schleppenden Midtempo und sind somit auf eine andere Art heavy. Aber keine Sorge – es geht in anderen Songs auch wieder recht schnell zu Gange (z.B. „Hopeless Again").
Auch auf ihrem neuen Machwerk (mit neuem Schlagzeuger übrigens) machen sie mit ihrer Storyline um ein Familiendrama in den Wirren des zweiten Weltkriegs weiter, und dieses Mal geht es um die Perspektive des Vaters – sehr konsequent umgesetzt und zwischendurch auch wieder mit einigen Gänsehautmomenten veredelt. Denn auch hier haut Sänger Derek wieder ein paar furchteinflößende Zeilen raus. Auf der anderen Seite fällt aber auf, dass man nicht sofort die Crewvocals parat und die Fäuste in der Luft hat. Wie gesagt, „Letters Home" braucht ein wenig länger, um sich zu öffnen. Dennoch kickt auch dieses Album mächtig, wenn man sich darauf einlässt.
Vor allem wenn DEFEATER erst Kette geben und dann auf einmal einen absoluten Einbruch haben und von dort aus die Atmosphäre ins Extrem führen. So kommt mir das dritte Album auch etwas weniger progressiv als sein Vorgänger vor, hat dafür aber recht greifbare Momente mit unheimlicher Tiefe und Heavyness über ein paar Akkorden, wie z.B. im abschließenden und epischen „Bled Out". Aber auch Songs, die von einem gebrochenen Drumbeat über schüchterne Gitarren wie in „No Savior" vorangetrieben werden, sorgen für die typische Atmosphäre der Bostoner.
Bis jetzt empfinde ich „Letters Home" als das eher schwächste Album der Band – die damit aber immer noch meilenweit vor einem Großteil ihrer Konkurrenz liegt. Aber vielleicht braucht es auch einfach nur noch ein paar mehr Durchläufe, damit sich endgültige Hits herauskristallisieren. Wer auf progressiven, modernen Hadrcore ohne Moshparts steht, wird an diesem Album aber so oder so nicht vorbeikommen! Denn selbst "etwas schwächer" ist im Falle dieser Band noch ziemlich großartig.