Letzteres Attribut haben sie vor allem ihrem Sänger zu verdanken, der shoutet, singt oder schmachtet und damit vielen Songs eine individuelle Note verpasst. Vor allem, wenn er ganz vorsichtig seine Worte haucht (wie er es bei TRADE WIND oft macht), klingen STICK TO YOUR GUNS nur noch nach sich selbst und nach sonst keiner anderen modernen Hardcoreband.
Auf musikalischer Ebene machen sie hier nichts, was sie nicht vorher schon gemacht haben: Knackige Riffs, Moshparts, punkige Strophen und dicke Refrains. Da klingen sie schon sehr wie ihre Kollegen. Aber das kann man ihnen verzeihen, da sie ihre Songs mit unheimlich viel Vehemenz vortragen. Überhaupt klingen STICK TO YOUR GUNS trotz all der großen Refrains im Jahr 2017 ziemlich wütend. Und dann sitzt halt auch jeder Crewshout, jeder Moshpart und jedes Riff. Man muss nicht alles neu machen, wenn man dafür alles gut macht.
Und dass sie gut sind, zeigen STICK TO MYOUR GUNS hier deutlich. Dicke Songs, dicker Sound und zwischendurch eben auch mal einen Gang runtergeschaltet und durch Sänger Jesse einiges an Atmosphäre eingefangen. Und damit meine ich nicht die obligatorischen Refrains, sondern Songs wie „56“ oder „Inner Authority…“, in denen sich die Band doch noch wesentlich individueller zeigt.
„True View“ ist ein wirklich gutes Modern Hardcore Album, mit vielen Höhen und kaum Tiefen. Das, was ihnen an Individualität fehlt, machen sie durch Wucht und Druck mehr als wett (der finale Moshpart von „Doomed By You“ ist so böse, dass er vielleicht schon Fans von Beatdownbands gefallen könnte). Und ab und zu zeigen sie dann doch noch einen Funken, der vielen Bands des Genres fehlt.