Haemorrhage - Haematology (The Singles Collection 1995-2005)


Review

Stil (Spielzeit): Pathologen Grindcore (72:11)
Label/Vertrieb (VÖ): Power It Up (6.7.2007)
Bewertung: Recht gelungen (6/10)
Link: www.haemorrhage.es
So eine Leiche ist ja an sich eine interessante, faszinierende und vielseitige Sache. Man kann sie an einer Brücke aufhängen, sie verbrennen, mit oder auch ohne Holzkasten vergraben, mit Kunststoff ausgießen und ausstellen, zu Wurst verarbeiten, liebkosen oder eben einfach in Stücke schneiden. Daran scheinen die Spanier von HAEMORRHAGE den meisten Spaß zu haben und besetzen so mit ihren morbiden Schilderungen, medizinischen Detailorgien und grotesken Splatter-Szenerien eine ganz spezielle Ecke in dem Dschungel aus Pornografie, Gewalt und Technologie, dem diabolischen Spiegelbild der Saubermanngesellschaft, dem Grindcore.

Wer jetzt noch weiter liest, kann sich unter der Musik, wenn man es denn so nennen will, des gemischtgeschlechtlichen Fünfers schon einiges vorstellen. In der Regel haben die vierunddreißig Stücke eine Spielzeit von ein bis zwei Minuten; oft weniger und selten mehr. Sprachwissenschaftler der renommierten Universitäten von Weltruf dürften aus dem Gurgeln mit Fantasie einige blutige Einzelheiten entnehmen, doch der Laie ist ohne beiliegenden Text hilflos.
Der gutturale Gesang schneidet sich wie eine Knochensäge zu den Nerven, während die Gitarren-Anfängerakkorde in Höchstgeschwindigkeiten ausspucken und das Schlagzeug todbringende Salven verschießt. Vorbildlich abnormal, ganz die alte Schule und schwer verdaulich verläuft der Termin bei den Pathologen und todmetallische Spritzen, wie in "Rectovaginal Fistula" oder "Formaldehyde", ziehen die nervenzerreißenden Orgien in schier unendliche Minuten. Erstaunlich vielseitig und unerwartet duster wird es in "Grotesque Embryopathology", wo sich schleppende und bedrohliche Klänge zwischen die blutigen Ritte mischen. Für Freunde ausgefallener Rhythmen haben dann Stücke wie "Via-Anal Introspection" oder "Uncontrollable Proliferation Of Neoplasm" ein paar durchaus interessante Überraschungen im Ärmel.

Das Gesamtbild fällt zwar gut und gewollt heftig aus, doch kommt bei der extrem langen und fetten Spielzeit wohl oder übel irgendwann Routine ins Spiel, über die selbst der nächste, noch anstößigere Titel kaum hinweg trösten kann. Nichts, was einen Hartgesottenen schocken, einen Trivialkonsumenten umwerfen oder einen Neugierigen enttäuschen könnte. Eine Sammlung der recht seltenen Vinyl Singles, Split-Veröffentlichungen und sogar unveröffentlichtes Material laden hier zum Nachdenken, Ekeln und Spaßhaben ein.