Stil (Spielzeit): Hardcore (07:45)
Label/Vertrieb (VÖ): Deafcult Records (09.05.09)
Bewertung: 5 / 10
Link: http://www.myspace.com/rewrittenhc
Eines vorweg... Das Lesen dieser Rezension wird vermutlich annähernd genau so viel Zeit in Anspruch nehmen wie auch das Anhören des ersten offiziellen Outputs der Berchtesgadener Hardcore-Kapelle REWRITTEN. Dieser dauert nämlich ganze sieben Minuten und 45 Sekunden und ist nur als Vinyl im 7“-Format zu erwerben. Nicht viel mehr als ein kleiner Appetizer also auf das möglicherweise bald zu erwartende Album? Nach einem kleinen Demo, welches die vier Jungs aus dem „südigsten“ Süden Deutschlands bereits in ihrem Gründungsjahr 2008 herausgebracht haben, stellen diese fünf kurzen Tracks den ersten Wutausbruch dar, der mit einem Label im Rücken von REWRITTEN auf die Menschheit losgelassen wurde. Und der kommt rüber wie eine warnende Kopfnuss, die den Hörer dazu anhält, seine Deckung aufzubauen, bevor ihn die volle Breitseite in Form eines handelsüblichen Langspiel-Albums trifft.
Denn „Wanderlust“ klingt roh, aggressiv und angepisst. Shouter Peter lässt seine potentielle Hörerschaft förmlich spüren, wie unzufrieden er ist und wer ihn alles mal an seinem blanken Hardcore-Arsch lecken kann. Man ist fast verleitet, zu winseln: „Hey, Mann, ich kann doch auch nichts dafür...“, doch sehr viel angemessener ist es, sich auf das gleiche frustrierte Niveau der mysteriösen Jungs zu begeben, die Fresse zu verziehen und irgendetwas kaputtzuschlagen. Und das fällt dem überzeugten Anhänger von echtem und ehrlichem Hardcore und der ganzen dazugehörigen Underground-Szene mit Sicherheit nicht schwer. Ganz im Gegenteil...
Die Songs, mit Ausnahme des instrumentalen und sehr ruhigen Titeltracks, strotzen geradezu vor Power. Allerdings ist dies leider überwiegend auf die Stimmung bezogen, welche auch hauptsächlich durch die bereits angesprochenen Vocals erzeugt wird. Das ist Hardcore aus der alten Welt. In bester Oldschool-Manier, wie sie auch von den mächtigen AGNOSTIC FRONT hätte stammen können, wird hier ohne den Anflug von irgendwelchen neumodischen, Metalcore-artigen Mitgröhl-Singalongs einfach mal alles ausgekotzt, was so auf dem Herzen liegt. Auf diese Art von vokalisierter Anti-Haltung trifft man nur im Hardcore der alten Schule oder in Grindcore-Gefilden. So hat mich die gesangliche Darbietung auch zu allererst an die Wiener Crustgrinder MASTIC SCUM erinnert. Also nix mit HATEBREED oder BIOHAZARD. Mit derartigem Mainstream-Möchtegern-Middlecore-Mist können REWRITTEN nichts anfangen. Besinnt Euch lieber auf alte Tage, als der Hardcore noch hart war, tatsächlich von der Strasse kam und man dies auch hören konnte.
Das soll allerdings nicht bedeuten, dass die Berchtesgadener Hasskapelle insgesamt zu einhundert Prozent oldschool klingt. Nein, vom musikalischen Standpunkt her spürt man durchaus, in welchem Jahrzehnt das Album eingeknüppelt wurde. Die Drums sind oft verhältnismäßig langsam und die Gitarren, welche zum Zeitpunkt der Aufnahme noch von zwei Saitenzupfern bedient wurden, klingen einigermaßen fett. Alleine der Bass, welcher stets sehr gut aus der Masse herauszuhören ist, erinnert durch seinen recht slappigen Sound an damals. Was dieses Gefühl jedoch zusätzlich unterstützt, ist der allumfassende Sound des Gesamtwerkes. „Wanderlust“ wurde innerhalb von nur einem einzigen Tag aufgenommen und das Abmischen scheint leider auch nicht viel mehr Zeit in Anspruch genommen zu haben.
Der Sound ist roh und... Roh. Perfektionismus scheint keine der allgemeinen Eigenschaften der Band zu sein. An allen Ecken und Kanten holpert es, klingt unausgereift und irgendwie mehr nach einer Session- oder Liveaufnahme als nach einer Studioproduktion. Doch ich denke, dass dies nicht vom Unvermögen der Band oder des Producers zeugt, sondern vielmehr zum Gesamtkonzept und zur Selbstdefinition der Band gehört. Diese knappen acht Minuten sind nun mal nicht viel mehr als ein vertonter schleimiger Brocken, der Dir mit ehrlichster Abneigung ins Gesicht gespuckt wird. Die Mucke hört sich so an, die Texte lesen sich so und irgendwie fühlt man sich auch hinterher so. Leider nicht ganz so mein Fall...