Stil (Spielzeit): Power Metal (60:30)
Label/Vertrieb (VÖ): Nuclear Blast (03.04.10)
Bewertung: 9,5/10
Link: http://www.tobiassammet.com
Tobias Sammet ist zurück! Mit den ersten beiden Alben von AVANTASIA hat der EDGUY-Sänger ein Projekt erschaffen, das bereits nach kurzer Zeit einen absoluten Ausnahmestatus besaß. Die Spannung auf das unerwartete, dritte Album "The Scarecrow" war groß, doch all die, die eine konsequente Fortführung der beiden "Metal Opera" wollten, fühlten sich ein wenig (oder ein wenig mehr) vor den Kopf gestoßen, da Sammet die Ausrichtung der Songs modernisierte und auf Weiterentwicklung setzte. Die gleichzeitig erscheinenden Alben "The Wicked Symphony" und "Angel Of Babylon" setzen diese Linie nun fort, was wohl erneut für einigen Diskussionsstoff sorgen dürfte. Für mich sind beide Alben weitere Beweise für das Talent Sammets.
"The Wicked Symphony" stellt den zweiten Teil der "Scarecrow"-Geschichte dar, "Angel Of Babylon" markiert den Abschluss. Erneut sind viele Gäste zu hören, die Rang und Namen haben und AVANTASIA zu dem machen, was es ist: Ein großartiges Power/Melodic Metal-Projekt, hinter dem Sammet als treibende Kraft steckt. Sein Partner in crime war und ist Sascha Paeth, der in der Metalszene nur allzu bekannt ist und bereits für und mit RHAPSODY (OF FIRE) und LUCA TURILLI gearbeitet hat. Doch kommen wir nun lieber zur Musik, denn davon gibt es auf "The Wicked Symphony" eine ganze Menge zu hören.
Mit dem Titeltrack und einem Intro, das aus einem Filmsoundtrack stammen könnte, legen AVANTASIA direkt einen epischen, neuneinhalbminütigen Kracher vor. Mehrere Gastsänger, famose Melodien und ein grandioser Refrain lassen zu keiner Sekunde Langeweile aufkommen und lassen das Herz eines jeden Power Metal-Fans aufgehen. Keinen Deut schlechter ist schnelle "Wastelands", das mit einem langen Part von Michael Kiske sehr deutlich an die beiden ersten AVANTASIA-Werke erinnert. Ansonsten ist "The Wicked Symphony" wie bereits erwähnt eine Fortführung des "The Scarecrow"-Sounds mit wenigen neuen stilistischen Akzenten wie beispielsweise modernen Elmenten in "Crestfallen", einem der zwiespältigsten Songs des Albums. Ich mag ihn sehr, genau so wie die Single "Dying For An Angel" mit SCORPIONS-Sänger Klaus Meine. Die Nummer ist ein zweites "Lost In Space" und wird den Hardcore Fans von "The Metal Opera I & II" sicher sauer aufstoßen. Der Refrain ist allerdings allererste Sahne. Aggressiver und mit viel Punch versehen ist "Scales Of Justice", bei dem Tim Owens zeigt, dass er einer der besten Metalsänger überhaupt ist. Der Refrain ist göttlich, das unerwartete Break in der zweiten Hälfte des Songs überrascht zuerst vollkommen, sorgt aber für zusätzlichen Charme. Definitiv eine der besten Nummern dieser CD. Das knapp acht Minuten lange "Runaway Train", das mit dem Begriff Halbballade (die Betonung liegt eindeutig auf "halb") nur unzureichend umschrieben ist, steigert sich zu einem Musical-artigen Meisterwerk mit wunderbar epischem Chorus, der zu einem der Höhepunkte auf "The Wicked Symphony" zählt. Neben Sammet sind es Bob Catley und Jorn Lande sowie (mit einem kurzen Auftritt) Michael Kiske, die hier für Begeisterungsstürme sorgen.
Das bereits erwähnte "Crestfallen" wird bei einigen Hörern auf Unmut stoßen, denn die modernen, durch Keyboards hervorgerufenen Elemente sind nicht zu überhören. Der Refrain, in dem beinahe schon Growls mit einem an HAMMERFALL erinnernden Chor aufeinander prallen, entfaltet seinen Reiz gerade durch diese verschiedenen Elemente. Der Midtempo-Kracher "Black Wings", in dem sich Sammet und Rolf Zdiarstek duellieren, zeigt erneut den frischen Anstrich des Projekts auf. Die Strophen sind unverkennbar modern, während der Refrain typisch nach AVANTASIA klingt. Ähnlich geht es mit "States Of Matter" weiter, das ebenfalls in die Sparte "Ganz klar Tobi Sammet!" gehört. Nur mit Bruce Kulick als Gastsänger wird "The Wicked Symphony" mit dem hörenswerten "The Edge" beendet, das einmal mehr einen tollen Chorus zu bieten hat und das Album melodisch ausklingen lässt.
Nicht nur die Sänger, auch die Gastmusiker wie Bruce Kulick, Oliver Hartmann, Alex Holzwarth, Eric Singer und Henjo Richter leisten fantastische Arbeit. Ganz vorne steht natürlich Mastermind Sammet, der alle Songs geschrieben hat, sehr variabel und klasse singt und zudem noch den Bass bedient und das Album produziert hat. Bei so viel Verantwortung ist es verständlich, dass das Ausnahmetalent sämtliche Zügel in der Hand halten will und die musikalische Ausrichtung von AVANTASIA vehement verteidigt. "The Wicked Symphony" jedenfalls ist ein fantastisches Album geworden, das neben Power, Melodic und Heavy Metal auch Hard Rock und AOR beinhaltet und sich vor den schier übermächtigen ersten AVANTASIA-Alben nicht verstecken muss, sondern auf einem ähnlichen Niveau angesiedelt ist.
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...