Kamelot - Poetry For The Poisoned Tipp



Stil (Spielzeit): Melodic/Power Metal (50:06)
Label/Vertrieb (VÖ): earMUSIC/edel (10.09.10)
Bewertung: 8,5/10

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"Epica" und "The Black Halo" - reichen diese beiden Stichworte, um jeden Power und Melodic Metal-Anhänger zu begeistern? KAMELOT sind wieder da, haben sich von der leisen Kritik an "The Ghost Opera" aber nicht beeinflussen lassen. Das heißt, auch das neue Album führt die zuletzt eingeschlagene Richtung (ein progressiverer, düsterer Sound) fort. Das Schöne daran: Auf "Poetry For The Poisoned" klappt das hervorragend!

Düster steigen KAMELOT mit dem etwas sperrigen "The Great Pandemonium" (mit tollem Gitarrensolo und Gast-Growls von Björn "Speed" Strid von SOILWORK) in "Poetry For The Poisoned" ein und machen es den alten Fans auch in "If Tomorrow Came" mit dem dezenten Einsatz von elektronischen Elementen und verfremdeten Vocals nicht leicht. Ein ungewohnter, aber beileibe kein schlechter Einstieg, bei dem zumindest in den Refrains die Vorzeigemelodien zum Zuge kommen. "The Zodiac" markiert nach dem Auftritt auf den letzten beiden AVANTASIA-Scheiben den nächsten Studiobesuch von Mountain King Jon Oliva, und wer könnte einem solchen Song besser Leben einhauchen als der ehemalige SAVATAGE-Fronter mit seinen charakteristischen, eindringlichen Vocals? Neben Strid und Oliva geben sich übrigens auch noch Simone Simons, Gus. G. und Chanty Wunder (im Bonustrack "Where The Wild Roses Grow") die Ehre. Außerdem finden sich Belege für die von Tobias Sammet in einem Interview geäußerte Aussage, dass der Metal ein inzestuöses Geschäft sei: Amanda Somerville und Cloudy Yang (Backing Vocals) kennt man vor allem von AVANTASIA, und bei wem Sascha Paeth, Miro und Robert Hunecke-Rizzo schon alles mitgewirkt haben, lässt sich kaum aufzählen. KAMELOT setzen also auf namhafte Qualität, und das klappt auch hervorragend.

Zurück zu den Songs: Das melancholische "Hunter's Season" (was für ein Refrain!) markiert einen der Höhepunkte auf "Poetry For The Poisoned" und zeigt KAMELOT in Höchstform. Gleiches gilt für die wunderschöne Ballade "House On A Hill" mit einem tollen Duett zwischen Khan und Simone Simons. Thomas Youngblood triumphiert mit einem sehr melodischen und songdienlichen Gitarrensolo. Passend zum Songtitel zeigt "Necropolis" wieder die düstere Seite von KAMELOT, die hervorragend zu den traumhaften Melodien (man beachte die Pianotupfer im Refrain des starken "My Train Of Thoughts") und der epischen Seite der Band passt. Apropos Epik: Die wird vor allem in dem viergeteilten Titeltrack, der zusammen trotzdem "nur" auf eine Spielzeit von knapp 9 ½ Minuten kommt, groß geschrieben. Verspielte Melodien, ausdrucksstarke Gesänge, aufwändige Orchestrierungen und Keyboards, viele Tempowechsel und Breaks - "Poetry For The Poisoned" ist das Herzstück des neuen Albums. Besonders beeindruckend ist der wahnsinnig schöne Gesang von Simone Simons in "Part II – So Long". Mit "Once Upon A Time", das von melodischen Keyboards geleitet wird, entlassen KAMELOT den Hörer mit einem abschließenden Kracher, der auch auf "Epica" hätte stehen können, aus dem neuen Album.

Die Limited Edition in sehr schicker Verpackung enthält neben einer Bonus DVD noch ein Cover des NICK CAVE-Klassikers „Where The Wild Roses Grow", das KAMELOT hier fantastisch umgesetzt haben. Wer das Duett zwischen Roy Khan (superbe Leistung) und Chanty Wunder hört, wird sich vor einer meterdicken Gänsehaut nicht retten können. Die mit richtigem Namen als Jana Chantal Loch (nein, das ist NICHT der Name einer Pornodarstellerin) bekannte 19-Jährige ist übrigens die Sängerin der hessischen Poprock-Girlgroup (!) FRÄULEIN WUNDER.

Mit „Poetry For The Poisoned" unterstreichen KAMELOT ihren Status als eine der besten und begnadetsten Melodic Metal-Bands überhaupt. Hoffen wir, dass Roy Khan sich bald von seinem Burnout-Syndrom erholt und mit den anderen Bandmitgliedern auf der Bühne das Publikum auf der ganzen Welt in Entzückung versetzen kann.
Chrischi

Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten

Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...