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2011 scheint ein gutes Jahr für den guten, alten, traditionellen Metal zu werden. Eigentlich ist es das jetzt schon, denn alleine mit den neuen Releases von WOLF und PORTRAIT kann man viele, viele Stunden lang Spaß haben. Auch HELL gesellen sich mit ihrem ersten Album "Human Remains" in die Riege der starken Heavy Metal-Releases des noch relativ jungen Jahres.
Manch alteingesessener Fan wird sich noch an die Demos des britischen Acts und Dave Hallidays (Gitarre, Vocals) Selbstmord erinnern, der 1987 vorerst das Ende der Band bedeutete. Ausgerechnet Produzenten-Legende Andy Sneap, dem Halliday das Gitarre spielen beibrachte, machte den Vorschlag, die alten Demos neu aufzunehmen und zu veröffentlichten. Als Gitarrist trat er das Vermächtnis Hallidays an, die Vocals übernimmt nach einem kurzen Gastspiel von Martin Walkyrier (SKYCLAD) David Bower, als Bassist, Drummer und Gitarrist/Keyboarder sind nach wie vor Tony Speakman, Tim Bowler und Kev Bower dabei. Mit "Human Remains" soll HELL nun endlich die Anerkennung und der Erfolg zuteil werden, den die Band seit ihren frühesten Tagen verdient hätte. Und das könnte durchaus gelingen, denn wenn man auf eine Mischung aus klassischem Metal, NWOBHM und düsterer, MERCYFUL FATE-artiger Atmosphäre steht, ist "Human Remains" Pflichtprogramm für alle Metalfans – auch wenn ich den Hype um die Truppe ein wenig übertrieben finde. Die Fachpresse lobt HELL nämlich in den siebten Himmel und darüber hinaus.
Doch zugegeben, selbst, wenn man die alten Demos nicht kennt, kann man den Wirbel einigermaßen verstehen. Man muss zudem im Hinterkopf behalten, dass die originalen Songs in der Blütezeit der NWOBHM entstanden sind. HELL kann man also im Grunde nicht vorwerfen, wie Band x oder y zu klingen, es müsste genau anders herum sein. Das Quartett hat seine Songs aus den Achtzigern so wunderbar ins Jahr 2011 transportiert, dass man selbst dann selig in Erinnerungen schwelgt, wenn man die Blütezeit des Metal nicht miterlebt hat. Die Gitarrenarbeit ist erste Sahne; was hier an Riffs geboten wird, würde bei anderen Bands für drei Alben reichen. Bowlers Organ erinnert in seiner normalen Stimmlage an Ronnie James Dio, ist aber so variabel, dass man stellenweise meint, es mit drei verschiedenen Sängern zu tun zu haben. Die stellenweise sehr theatralischen Vocals dürften allerdings auch für den meisten Diskussionsbedarf sorgen.
Die zehn Songs auf "Human Remains" klingen durchweg gut bis sehr gut und besitzen alles, was man als Traditionalist hören möchte: Brachiale, mal stampfende, mal rasende Gitarren, mächtig Feuer unterm Kessel, tolle Melodien, Headbang-Stoff allererster Güte, Abwechslungsreichtum und mit das beste Songwriting, das seit langer Zeit von der Insel kam. Das düstere "No Martyrs Cage" mit fettem Doom-Riff und teils arabisch angehauchten Melodien, "On Earth As It Is In Hell", der nach einem pompösen Intro über einen hereinbrechende, geile Opener voller Power und Hymnen-Chorus, das bedrohliche, nach einem stampfenden Beginn flotte "Plague And Fyre", "Blasphemy And The Master" (sehr abwechslungsreich mit hysterischen, völlig überdrehten Vocals und späteren Kirchgesängen), "Let Battle Commence" (erneut schneller Headbanger mit klasse Gitarrenarbeit), der Ohrwurm "Save Us From Those Who Would Save Us" oder das epische, zehnminütige "The Devils Deadly Weapon" mit zahlreichen Tempowechseln und SAVATAGE-Gedächtnisparts: Praktisch jeder Song hat seine ganz speziellen Momente und eine eigene Magie. Man muss sich allerdings etwas Zeit für "Human Remains" nehmen, denn neben einigen kurzen Erzählpassagen muss man sich auch auf einige Intros gefasst machen, bevor der richtige Song losgeht, was stellenweise für Längen sorgt. Auch nur entfernt an Balladen erinnernde Stellen/Songs sucht man vergebens, hier wird von vorne bis hinten Dampf gemacht.
Die Produktion ist sehr fett. Dynamisch, raumfüllend und gut ausbalanciert klingt die Scheibe, und damit zum Glück nicht so steril wie viele andere Sneap-Produktionen. Die Instrumente inklusive Bass können zu gleichen Teilen heraus gehört werden und stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Käufer der Digipack-Variante bekommen übrigens auf einer zweiten CD noch alte Demos zu hören und können so einen direkten Vergleich zwischen den Originalen und Neuaufnahmen vornehmen. Vielleicht ist HELL kein solch monumentaler Überhammer gelungen, wie die Presse es einen gerne glauben lässt. Eine richtig starke, durchgehend powervolle Scheibe und ein Highlight im traditionellen Heavy Metal stellt "Human Remains" aber definitiv dar.
Stil (Spielzeit): Heavy Metal/NWOBHM (66:00)
Label/Vertrieb (VÖ): Nuclear Blast (13.05.11)
Bewertung: 8/10
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...