Vreid - Milorg Tipp



Stil (Spielzeit): METAL! auf Black'n Roll Basis (41:19)
Label/Vertrieb (VÖ): Indie Recordings / Soulfood (23.01.09.)
Bewertung: 9 / 10
Link: http://www.vreid.no

Nachdem der gute „Valfar“ viel zu zeitig nach Valhal aufgebrochen war, machten seine ehemaligen WINDIR-Mitstreiter pietätvoll unter anderem/n Namen weiter… An „Kraft“ konnte man damals sehr schön hören, was noch dem Kopf Terje Bakkens entsprungen war und was nicht. Größe und Murks standen auf VREIDs Debüt doch sehr nah beieinander; VREID waren definitiv nicht WINDIR und haben mich danach nicht mehr interessiert. Und so ist das meine erste Begegnung mit VREID seit ihrem Debüt... Ich bin also mit den Entwicklungsschritten „I Krig“ und „Pitch Black Brigade“ nicht vertraut. --- Irgendwas muss zwischenzeitlich passiert sein, irgendwas haben die Norweger gegessen, getrunken, geraucht!? (Das will ich auch haben!) … Von der kreativen „Kraft“-Armut ist auf „Milorg“ rein gar nichts mehr zu hören; die acht versammelten Beiträge sind durch die Bank mehr als bloß hörenswert --- mit der Tendenz nach ganz oben. Auch wenn das nun endgültig nichts mehr vom latent folkloristischen Charme WINDIRS hat.

Stattdessen haben VREID ihren rotzigen Black’n Roll Charme kultiviert und zu einer sehr reifen und raffinierten Kulturstufe verfeinert, die sich, als wäre es das Natürlichste der Welt, völlig spielerisch auch bei Death Doom, Thrash, klassischem Heavy Metal und leicht progigem Zeug bedient… VREID loten mal so eben die Grenzen aus und liefern ein so natürliches Ganzes ab, das man diese Synthese schlicht als METAL! (in kursiven Versalien mit Ausrufezeichen und Unterstrich) bezeichnen kann. Daran versuchen sich ja so einige, aber kaum jemandem gelingt’s. Sperrig und gekünstelt kommt einem so etwas häufig vor.

Hier aber: Intelligente, tiefgängige und zugleich eingängige Arrangements, gefühlvolle Leads (oft mehrstimmig… sehr fein), gekonnte Laut-Leise-Dynamik, feist schwarzes Riffing (manchmal von Tony Iommi inspiriert, öfters aber natürlich von Ted Skjellum, Harald Nævdal etc.), daneben auch viel sehr klassisches Zeug, Bay-Area- oder nordenglisch beeinflußt… und phasenweise fast schon pychedelisch-progressiv… Und in seiner ganzen Komplexität ist „Milorg“ höllisch homogen, mit Hang zu Epik. Der Gesang changiert zwischen Extrem (Schwarz und Growls) --klarer Punktsieger-- und klar.

Was mich außerdem überzeugt: die (Eigen-)Produktion; sie ist relativ „true“, d.h. organisch genug und bekommt dennoch reichlich Druck transportiert. À point! Ich habe selten…, nein noch nie (!) ein Album gehört, das es fertig brachte, gleichermaßen so filigran und roh zu klingen wie „Milorg“. Bis jetzt war MY DYING BRIDEs „The Dreadful Hours” in diesem Punkt mein Favorit. Natürlich sind die Alben atmosphärisch nicht zu vergleichen; denn VREID thematisieren hier als Wiederholungstäter den WW II…

„Milorg“ weiß Wiki ist die Abkürzung für militær organisasjon, der Name der größten norwegischen Widerstandsgruppe gegen die Nazi-Besatzer. Und so werden wir durch einen „Alarm“ wachgerüttelt. D.h. erstmal beginnt’s melancholisch-beschaulich wie ein Deathdoom-Album; bedrohliche Vorbereitung bis die Sirene ertönt, einige Beckenschläge später bricht das erste Black Metal Gemetzel los: erst speedig, dann Mid-Tempo… und in aller epischen Breite und mit viel dramatischem Gespür führt uns das Quartet durch ein Kaleidoskop an Atmosphären… Bevor ich mir hier den Wolf laber: Ein toller Einstieg, der in Alarmbereitschaft versetzt für das, was das Album insgesamt zu bieten hat… neben solchen epischen Nummern gibt es auch diverse Straight-Ahead-Perlen wie „Heroes & Villains“ oder „Blücher Pt. II“, in dem auf der Basis eines ultrageilen Thrashriffs die Geschichte vom Tauchgang des Kreuzers im Oslofjord erzählt wird. Tatsächlich hätte jedes Stück eine Besprechung verdient, die länger wäre als diese Album-Rezension…

Bleiben die Fragen: a) für wen ist das Album? Und b) wieso nur die Fast-Höchstnote bei soviel Euphorie?

a) Schwierig; eigentlich könnte jeder Metaller seine langlebige Freude daran haben. Andererseits sind wir ja nun mal intolerant und neigen zum Separatismus. Und „Milorg“ ist so komplett „Metal“, dass sich ein jeder daran erfreuen oder an gewissen Zutaten stören kann.
b) Ganz subjektiv; ich bin nun mal einer dieser intoleranten Metal-Separatisten. Ein 100%-Album ist bei mir notwendig 100%ig Black, Thrash, Folk, Doom, was-auch-immer… „Milorg“ ist mir dafür zu verspielt… Am „Must-have“ – Gütesiegel ändert mein Separatismus nichts.