Schweisser - Pororoca


Review

Stil (Spielzeit): Rock / Metal (39:24)
Label/Vertrieb (VÖ): Südpolrecords/Alive! (25.08.06)
Bewertung: Ungeschminkt und anders (6,5/10)
Link: www.schweisser.org

SCHWEISSER aus Bayern haben wieder eine Platte gemacht, ich kann es gar nicht fassen! Kennt Ihr noch Songs wie „Eisenkopf", „Scheisskind" oder „Heiland"? Mitte der 90er kam die etwas andere „deutsche Härte" bei vielen Metalheads enorm gut an, und ich erzähle noch heute von dem Hamburger Gig im Jahre 96, bei dem ich zu „Hölle" auf die Bühne sprang und mit Sänger Thomas Böck ins Mikro grölte, um mich danach kopfüber ins Publikum zu stürzen. Mein erster und bis heute letzter Stagedive, ich habe diese Band einfach geliebt.
1999 erschien das vorerst letzte Album der Formation, die sich zu dem Zeitpunkt nicht nur die Haare abgeschnitten, sondern auch ihre Musik auf wesentlich ruhigere Bahnen gelenkt hatte. - Sehr zum Missfallen vieler Fans, die der Band den Rücken kehrten. Danach wurde es totenstill um SCHWEISSER, den ersten deutschsprachigen Act auf MTV Headbangers Ball und dem Dynamo Open Air.

Das Jahr 2005, und Thomas Böck hat wieder Bock. In nur vier Tagen komponiert man in neuer Dreier-Besetzung (nur Böck ist übrig vom original Line-Up) 13 Stücke und spielt sie im unbeheizten Kuhstall auf Ammersee ein. Sechs landen nahezu unverändert auf dem neuen Album, das 2006 nach einem Monat Studio und fünf weiteren Songs fertig gestellt ist. Der Sound: Back to the roots, und zwar ganz zum Anfang, als man noch rotzig und punkig zur Sache ging.

Hinter den Kesseln sitzt heute Martin Messerschmidt, Böcks Banknachbar in Schulzeiten und Gründer von THE NOTWIST sowie wieder erstarkter Schlagzeuger durch seine Mitarbeit bei BOLZPLATZ HEROES. Fabian Exter unterstützt an Gitarre und übernimmt den Bass, ist Aufnahmeleiter und Musikalischer Direktor. Und wie klingt das alles zusammen? - Anfangs recht gewöhnungsbedürftig, ein wenig nach Revolution, simpel und rockig, und am Ende richtig gut.

„Pororoca" bedeutet in der Sprache der Tupi „großer Lärm" und bezeichnet eine zerstörerische, reißende Amazonaswelle. Roh und laut kommt auch die Musik von SCHWEISSER daher - und selbst das geliebte Saxophon hört man eingangs wieder auftauchen, ein frühes Markenzeichen der Band, heute jedoch von Gastmusiker Johannes Enders gespielt. 
Bissige Texte gegen die Träger gelbkarierter Sakkos, Nie-Genug-Krieger und Vollspacken dieser Welt greifen der Gesellschaft dahin, wo's wehtut. Das alles braucht zwei, drei Durchgänge, aber dann fühlt man sich wohl mit der neuen Punk-Attitüde und diesen riffigen, erdigen Sounds, die so nackt und mitreißend vor einem aufgeschichtet werden, zu einem wunderbar ehrlichen Album.

„Alle Helden bitte melden" heißt es an einer Stelle. Gut, dass sich Böck wieder gemeldet hat. Gut, dass es SCHWEISSER wieder gibt, wenn auch völlig anders als gedacht.
Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!

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