Als MASTERPLAN im Jahr 2003 mit ihrem selbstbetitelten Debüt auftauchten, wurden sie wie der neue Messias gefeiert. Das Album war aber auch so was von stark, dass zumindest ich mir nicht vorstellen konnte, wie sie das jemals toppen wollen.
Der Fluch des ersten Albums, das ein Knaller wurde. Es bewahrheitete sich aber tatsächlich, dass sie mit dem zweiten Werk „Aeronautics" zwar noch nah ans Debüt herankamen, danach aber qualitativ immer mehr abfielen, was natürlich auch mit dem Wechsel am Mikro zu tun haben dürfte. Jorn Lande stieg aus, aber so einen Ausnahmesänger kann man einfach schwer ersetzen. Besonders, wenn die Erwartungshaltung der Fans so immens groß ist. Mike DiMeo konnte diese Bürde nicht schultern. Schließlich wurde Jorn Lande erneut rekrutiert, aber er entpuppte sich durch seine vielen Nebentätigkeiten nicht mehr als vollwertiges Bandmitglied. Das sah dann auch Chefdenker Roland Grapow endlich ein. Man kann einen Erfolg nicht erzwingen, und ohne das nötige Herzblut (Jorn) rutscht man in die Mittelmäßigkeit ab.
Glücklicherweise hat Roland zwar spät, aber immer noch rechtzeitig die Reißleine gezogen. Außer Keyboarder Axel Mackenrott wurde das LineUp einmal komplett umgekrempelt. An den Drums lässt jetzt Martin Marthus Skaroupka (CRADLE OF FILTH) die Sau raus, am Bass zupft sich Jari Kainulainen die Finger wund und die nicht einfache Nachfolge am Mikro hat Rick Altzi (AT VANCE, THUNDERSTONE) übernommen. Zusammen starten MASTERPLAN mit „Novum Initium" quasi einen Neuanfang. Und ich nehme es vorweg: die Operation ist gelungen. Elf reguläre Songs plus den üblichen Bonusnummern für DigiPak Erwerber sind dabei herausgekommen.
Nach dem atmosphärischen Intro „Per Aspera Ad Astra" (da scheint aber einer sein kleines Latinum aus dem Schrank gekramt zu haben) gibt es mit dem schnellen „The Game" gleich gehörig mitten ins Gesicht. Sänger Rick Altzi ist mit seiner Stimme gar nicht so weit von Jorns entfernt. Trotzdem klingen MASTERPLAN durch ihn nicht wie eine Kopie ihrer selbst, sondern enorm frisch und dynamisch. Hier haben sich Musiker etwas vorgenommen, das kann man sofort hören.
Das erste Ausrufezeichen liefern MASTERPLAN dann mit dem schleppenden „Keep Your Dream Alive", das einen mit seinem Beat förmlich vor sich her treibt. Hier kommt auch zum ersten Mal Ricks Stimme voll zur Geltung, und in Kombination mit dem tollen Refrain wird der Song zum ersten Ohrwurm auf „Novum Initium". „Black Night Of Magic" beginnt mit einem Scream von Rick, und hier überlegt man wirklich eine Sekunde, ob das nicht doch Jorn Lande ist. Der Song geht in die Richtung „Enlighten Me" und verfügt über einen ähnlich eingängigen Refrain. Tempomäßig liegt er zwischen den beiden ersten Songs, was bis hier hin schon einmal für sehr viel Spannung sorgt.
„Betrayal" kommt mit seinem orientalisch klingenden Intro ziemlich ungewöhnlich rüber, steigt aber dann in einen MASTERPLAN typischen Rhythmus ein. Von der Melodie her nicht ganz so eingängig, klingt der Song eher etwas vertrackter. Tempiwechsel bestätigen diese These, und was die ersten Songs im Einzelnen vorzuweisen hatten, scheint Roland Grapow hier in einem Song zu vereinen.
Wenn man die neuen mit den alten Songs vergleichen will, klingt „No Escape" wie der große Bruder von „Crimson Rider". „Pray On My Soul" beginnt etwas verträumt und gleichzeitig bombastisch, wird aber zu danach zu einem fetten Rocker. Bisher habe ich es nicht geschafft, auch nur bei einem Song ruhig sitzen zu bleiben. Und wenn ich normalerweise erst einmal die ganze Scheibe komplett höre, ertappe ich mich jetzt immer wieder dabei, dass ich mir den einen oder anderen Song mehrmals hintereinander gebe.
„Earth Is Going Down" ist für MASTERPLAN Verhältnisse und dem Titel entsprechend ein fast schon düsterer Nackenbrecher. Dafür wird es bei „Return From Avalon" wieder etwas heller. Die ergreifenden Melodiebögen, die Roland Grapow immer wieder so aus dem Ärmel zu schütteln scheint, gehen ihm auch zum Ende des Albums nicht aus. Könnte auch zum Soundtrack eines Fantasy Films passen.
Mit „Through Your Eyes" kommt dann wieder so ein geiler Stampfer, der die Nackenmuskeln strapaziert und sich vom Refrain her förmlich in die Ohren frisst, bevor mit dem Titelsong „Novum Initium" das Ende eingeläutet wird. Rick zeigt, dass er auch mit Sprechgesang etwas anfangen kann. Der Song hat auch einen sehr theatralischen Background, klingt zwar fett und hart, könnte aber auch zu einem Musical passen.
Alles in allem kann ich definitiv nur das ganze Album als Anspieltipp geben, ich habe wirklich keine Schwachpunkte gefunden, und seit ich die Scheibe habe, läuft sie bei mir rauf und runter. Also Vorsicht, hier besteht extreme Suchtgefahr.
Fazit: Glückwunsch an die Elbe, für mich ist der "Neuanfang" absolut gelungen. Mit „Novum Initium" haben MASTERPLAN endlich mal wieder ein Pfund rausgehauen, das mit dem Debütalbum mithalten kann. Fette Rocker, eingängige Melodien, Headbanger, Doublebass Gewitter... das Album hat alles davon. Und nach jedem Song steigt die Spannung, was wohl als nächstes aus den Boxen kracht und ich war fast schon enttäuscht, als nach elf Songs schon Schluss war. Egal, das Album hat definitiv Dauerläuferqualitäten und ich wünsche mir, dass die Band mit diesem Line Up endlich mal die Stabilität bekommt, die man braucht, um ganz oben mitzuspielen und vor allem um auch dort zu bleiben. Der Anfang ist auf alle Fälle gemacht. Pflichtkauf!
Dirk
Musik: Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Blues
Bands: Thin Lizzy, Gary Moore, Dio, Savatage, Bloodbound, Y&T, Edguy, Iron Maiden, Judas Priest, W.A.S.P.
Aktueller Dauerrotierer: Herman Frank - The Devil Rides Out