Manowar - Gods of War



Stil (Spielzeit): True Metal (73:45)
Label/Vertrieb (VÖ): SPV (28.2.2007)
Bewertung: Zwiespältig [7/10]
Link: www.manowar.com

Ursprünglich bereits für 2006 angekündigt und dann doch deutlich verschoben, weil Saitendompteur Karl Logan immer noch nicht gelernt hat, richtig Motorrad zu fahren, hat „Gods of War“ nun letzten Endes doch noch den Weg in die Plattenläden dieser Welt gefunden. Die Verzögerung hat Mastermind und Sprachrohr der Band Joey DeMaio dafür genutzt, um die Metalwelt schonmal schonend darauf vorzubereiten, was sie auf „Gods of War“ erwarten würde – und das Endprodukt dürfte nicht Wenige trotzdem überraschen.

Wie beginnt man nun eine Albumkritik, wenn es sich bei der der zu betrachtenden Band um diejenige handelt, die einen vor fast 20 Jahren (in Gestalt des Götteralbums „Kings of Metal“) mit dem Virus Heavy Metal infiziert hat und auch heute noch einen festen Platz im Herzen einnimmt, ohne dass man sich dabei der Gefahr aussetzt, die Platte durch die rosarote Brille zu sehen und als Fanboy bezeichnet zu werden? Vielleicht, in dem man erstmal mit denjenigen Dingen beginnt, die einem nicht gefallen.

„Gods of War“ kommt als Konzeptalbum daher, dass sich mit der nordischen Götterwelt im Allgemeinen und dessen Chef Odin im Besonderen beschäftigt. Ausserdem war songtechnisch eine Entwicklung hin zu „wagneresken“ Klängen angekündigt worden. Mit eher getragenen Nummern durfte also durchaus gerechnet werden. Aber, Herr DeMaio, bei einer Band, die in ihrer Karriere fast 10 Millionen Tonträger abgesetzt hat und sich noch dazu immer rühmt, nur das Beste vom Besten für ihre Fans herzunehmen – wäre da nicht ein echtes Orchester angebracht gewesen, um die klassischen Teile des Albums einzuspielen? Und selbst wenn man aus irgendwelchen Gründen keine echten Musiker haben will: Bands wie DIMMU BORGIR zeigen, wie gut Klassik aus dem Synthie klingen kann. Abgesehen davon scheint mir persönlich der Einsatz von Orgelklängen beim anvisierten Themenkreis irgendwie leicht widersprüchlich – finden sich diese Instrumente doch nunmal eher in christlichen Gotteshäusern anstatt in heidnischen Kultstätten.

Zum zweiten: es hätte dem Album gut getan, wären die Sprechteile, welche sich bei diversen Songs am Anfang oder Ende befinden, komplett als eigene Tracks aufgenommen worden. Das hätte denjenigen, die sich nicht für eine Geschichtslektion interessieren, die Möglichkeit gegeben, direkt von Song zu Song zu skippen. Und bitte bitte: Wenn ihr beim nächsten Album wieder Sprechparts haben werdet – sucht euch jemanden, der das besser macht, als ein zur Unkenntlichkeit verzerrter Bassist.

Drittens: Wieviel Met habt ihr eigentlich trinken müssen, um auf die Idee mit diesem komplett in Runen gehaltenen Booklet zu kommen? Klingt im ersten Moment zwar witzig, aber wer setzt sich schon zuhause hin und übersetzt zwei Seiten Hintergrundstory? Und noch schlimmer – wo sind die Lyrics, verdammt nochmal? Was bei „Battle Hymns“ noch ok war, ist 2007 einfach nicht drin. Punkt.

Viertens und letztens: Tut mir leid, aber was mir richtig weh tut, ist „Glory Majesty Unity“. Ansich eine nette Sache (wenn auch nicht so gänsehautverursachend wie anno dazumal der erste Teil) aber was gar nicht geht, ist dieser Kriegerchor am Schluss, der die beinahe heiligen Worte nachbrüllt, als stände er beim Fahnenapell und würde gerade den Eid auf die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland leisten.

Gut, kommen wir zum eigentlich wichtigen – der Musik. Und jetzt muss ich wohl oder übel Farbe bekennen – ICH mag „Gods of War“. Und zwar nicht nur die „richtigen“ Songs. Ich mag das Album. Als Ganzes. Das ist nicht leicht und für den normalen Metalhead, der unter Klassik Led Zeppelin oder Black Sabbath versteht, wohl auch nicht so leicht nachzuvollziehen. Wer ein „klassisches“ MANOWAR-Album erhofft hat - wird enttäuscht sein. „Gods of War“ ist kein zweites „Hail To England“. Wer beim versprochenen Stichwort „Epische Songs“ auf die Wiedergeburt alter Kracher gebaut hatte – wird ettäuscht sein. Es gibt kein neues „Into Glory Ride“.

Und genau das ist der Punkt: Das Album funktioniert - wenn man sich denn auf klassische Denk- und Hörstrukturen einlassen kann. Dann macht die 6-minütige Overtüre Sinn (was am selten dämlichen Namen nichts ändert), genauso wie die musikalischen Motive, die immer wieder aufgegriffen und verwendet werden. Der Metalhead nennt sowas vielleicht Schmuh, in der Klassik heisst es Variation und ist ein absolut bewährtes Stilmittel. Und liefert uns, wenn wir ehrlich sind, genau das, was uns angekündigt worden ist. In seiner Gesamtheit kommt das Album eher wie ein Stück Filmsoundtrack daher – es webt ein umfassendes Hörgefühl, welches sich von Anfang bis Ende wiederfinden lässt. Wer allerdings auf sowas nicht kann, wird mit „Gods of War“ keine rechte Freude haben.

Bleibt als Ausweg noch, die Intros, Zwischenspiele und Sprachteile zu ignorieren und sich ausschließlich auf die Songs zu konzentrieren, die allein mit deutlich mehr als 40 Minuten immer noch das zweitlängste Manowar-Album nach „Triumph of Steel“ stellen würden. Und wenigstens hier – so ehrlich sollte man sein, auch wenn man die „Umverpackung“ nicht mag – gibt’s absolut nichts zu kritteln. Die Songs rocken. Angefangen bei „King of Kings“, über das mit einem Über-Refrain versehene „Sleipnir“ und das düstere „Loki God of Fire“, über die beiden schon von der EP bekannten „Sons of Odin“ und „Gods of War“ bis hin zu meinem persönlichen Favorit „Odin“. Und auch die abschliessende „Hymn to the Immortal Warrior“ kann sich durchaus sehen lassen. Die Quoten-Ballade „Blood Brothers“ fällt etwas hinten ab, aber nicht so sehr, dass man zum skippen gezwungen wird. Stilistisch hört man den Songs die Entwicklung der Band über die letzten 25 Jahre natürlich an – episch hin oder her – ein zweites Dark Avenger wird es von MANOWAR vermutlich nicht mehr geben. Wenn es als Ersatz dafür aber ein „Gods of War“ gibt, kann zumindest ich damit sehr gut leben.