Das Album setzt mit dem gleichnamigen Titel "No Grave But The Sea" sofort zum Einstieg die musikalische Latte: mit treibendem Schlagzeug, rotzigen Bläsern, einem Refrain, den man musikalisch ohne Weiteres in einen Eurodance-Song verpflanzen könnte, einem Zwischenspiel auf der Violine – wie aus einem alten Priatenfilm gerissen und mit galoppierenden Gitarren unterlegt. "Mexico" steigt dann, wie bereits "1741 (The Battle Of Cartagena)" auf ihrem letzten Album "Sunset Of The Golden Age", im 8-Bit-Sound ein, bevor Gitarren und die wunderbar schottische Stimme von Frontmann Chris Bowens die eingängige Melodie und den äußerst leicht zu erlernenden Text tief in Gedächtnis stempeln, auf dass der Titel einen von nun an in den unpassendsten Momenten in Dauerschleife beglücken kann.
"To The End Of The World" klingt im Intro und später im Zwischenspiel wie eine Variation zu ORDEN OGANs "We Are Priates". Der Eindruck wird aber schnell von der Frage verdrängt, mit welcher Art von Alkohol sich die Jungs für den Text über ein altes Geometriebuch gekniet haben. Im selbstbetitelten Song "Alestorm" geht es dann wieder recht gesittet (abgesehen vom gelegentlichen Schreien) um die wirklich wichtigen Dinge im Leben eines Piraten: Rum, Bier, Abenteuer und Met.
Ein weiterer Anschlag auf die allgemeine geistige Gesundheit wird dann wieder mit "Bar ünd Imbiss" verübt. Ich kann ehrlich nicht sagen, wie lange ich meinem Gehirn noch verzeihen kann, dass es schunkelnderweise "plunder with thunder, kill for the thrill" in Dauerschleife singt. Das Gegengift dazu liefert zum Glück – wenn man im Zusammenhang mit Ohrwürmern von Glück sprechen kann – direkt im Anschluss "Fucked With An Anchor", einer der Titel, bei denen einem das Livepotential schon beim ersten Hören nackt, Anker voraus, ins Gesicht springt.
Mit "Pegleg Potion", "Man The Pumps" und "Rage Of The Pentahook" geht es dann munter weiter mit eingängigen Melodien, vorgetragen mit Gitarre, Akkordeon, Bläsern und Keyboard, begleitet von treibendem Bass und hämmerndem Schlagzeug und randvoll mit herrlich überzogenem piratischem Pathos, verpackt in Texte, die auch beim wiederholten Hören mindestens ein Schmunzeln zaubern können.
Den Ausklang findet das Album mit "Treasure Island" bei dem noch einmal alle essentiellen ALESTORM-Facetten funkeln. Mit viel Keyboard und Chören werden alle abgegriffenen Piraten-Klischees nochmal liebevoll auf Hochglanz poliert, um dann sanft mit der Melodie von "No Grave But The Sea" in den nächsten Durchlauf des Albums überzuleiten.
Alles in allem haben sich die drei Jahre Wartezeit seit "Sunset On The Golden Age" – mit dem aktuellen Album im Hinterkopf ein etwas fehlgeleiteter Titel – durchaus gelohnt, auch wenn es insgesamt nicht ganz das stärkste ALESTORM-Album aller Zeiten ist. Es wird definitiv Zeit, ALESTORM mal wieder live zu sehen, gerne mit Was-auch-immer-sie-getrunken-haben, als sie "To The End Of The World" geschrieben haben, in der Hand.