EP-Veröffentlichungen sind im Metal beileibe keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr tendiert der langhaarige Musikfreund mit Freude zum klassischen Full-Length-Album, welches in schöner Regelmäßigkeit alle zwei, drei Jahre auf den Markt gebracht wird. Auch die niederländischen Symphonic Metaller von EPICA haben bis heute nach diesem Prinzip gearbeitet. Aber eben nur bis heute, denn ab dem 1. September steht nun auch die erste EP der Truppe, namentlich "The Solace System“, im Regal des örtlichen Musikgeschäfts. Darauf befinden sich die übrig gebliebenen Stücke der "The Holographic Principle“-Ära, die es nicht auf den zugegebenermaßen fantastischen Vorgänger geschafft haben.
Und leider ist den Songs auf "The Solace System“ durchaus anzuhören, warum sie eben nicht auf dem Album gelandet sind. Da dudelt der Titelsong zwar angenehm, aber auch übermäßig unauffällig vor sich hin, während das flotte "Fight Your Demons“ wahrlich nicht die Erleuchtung auf dem Gebiet der mitreißenden Refrains ist. Unterdessen wirkt so manche Idee, wie der zerstückelte Refrain im sonst makellosen "Wheel Of Destiny“, nicht zu Ende gedacht und selbst die gelungene Ballade "Immortal Melancholy“ wirkt im Vergleich zu Geniestreichen wie "Canvas Of Life“ einfach nur wie ein nettes Mauerblümchen. Große Hits a la "The Essence Of Silence“ oder "Edge Of The Blade“ glänzen auf dieser EP mit Abwesenheit.
EPICA liefern, was bestellt wurde
Nichtsdestotrotz rangiert die Platte im oberen Drittel des Wertungsbereichs, was erst einmal paradox wirken mag. Fakt ist und bleibt aber, dass EPICA qualitativ auf einem verdammt hohen Niveau unterwegs sind. "The Solace System“ strotzt nur so vor gigantischen Chören, epischen Orchesterpassagen und tollen Riffs, die keineswegs denen der Vorgänger nachstehen und genau das sind, wofür EPICA stehen. Simone Simons lässt den Hörer mit ihrer Stimme immer wieder vor Freude erschauern und gibt eine hitverdächtige Gesangslinie nach der nächsten zum Besten. Sowohl in den beiden herausragenden Songs der EP, "Architect Of Light“ und "Decoded Poetry“, als auch in "Wheel Of Destiny“ gelingt es der Fronterin ohne viel Mühe, den Hörer in ihren Bann zu schlagen.
Zusammengefasst lässt sich also berechtigterweise sagen, dass die Songs auf "The Solace System“, trotz einiger Unzulänglichkeiten, keineswegs schlecht sind. Schaffen sie es an das Niveau der beiden direkten Vorgänger anzuknüpfen? Gewiss nicht, schließlich sind es B-Seiten, die den Cut aus einem gewissen Grund heraus nicht geschafft haben. Wobei "Architect Of Light" hier als Beweis dafür gelten darf, mit was für Luxusproblemen sich das Sextett hier abmühen darf.
Wären andere Bands des Genres trotzdem froh darum, diese Songs ihr Eigen nennen zu dürfen? Ja, auf jeden Fall und als solche ist die EP, welche gerade von ihrer Kürze enorm profitiert, auch zu wertschätzen. Sie in den direkten Vergleich mit den regulären Alben zu stellen, wäre unfair und würde der Sache nicht gerecht werden. So ist "The Solace System“ eine Veröffentlichung, die genau das liefert, was man von ihr erwarten darf und hat sich somit das Prädikat „Sehr Gut“ redlich verdient! Over and out!
Tracklist
01. The Solace System
02. Fight Your Demons
03. Architect Of Light
04. Wheel Of Destiny
05. Immortal Melancholy
06. Decoded Poetry