Menschen assoziieren gerne. Viele von uns kennen diesen einen Duft, welcher sie immer an ihre erste Freundin erinnern wird oder eben auch daran, dass sie auf der nächsten Party endlich die Finger vom Tequila lassen sollten. Höre ich den Namen "Lionheart“, springen mir sofort Bilder des alten Hollywood-Klassikers "Ivanhoe – Der Schwarze Ritter“ in die Birne. Selbst beim Schreiben dieser Zeilen spüre ich wieder das unbändige Verlangen, auf meinem imaginären Streitross durch die Wohnung zu galoppieren und … Na ja, wir waren alle einmal Kinder.
Auf jeden Fall hat es mich gefreut zu hören, dass sich mit SERENITY eine Band dem englischen König angenommen hat, welche in der Vergangenheit mit deutlich mehr historischem Feingefühl zu glänzen vermochte, als ihre Genre-Kollegen von SABATON. Doch strahlen die Österreicher auch mit "Lionheart“?
Power Metal auf hohem Niveau
Das Album über Richard Löwenherz bietet zumindest alles, was der geneigte Fan von SERENITY hören will: Handwerklich toll gemachten Power Metal, welcher jeden Song zu einer eigenen, kleinen Entdeckungsreise macht und melodisch immer wieder Ausrufezeichen zu setzen vermag. Da sucht man beim titelgebenden "Lionheart“ unvermittelt nach seinem Kettenhemd, während die träumerische Ballade "Heaven“ jedem Fan von kitschiger Mittelalter-Lagerfeuer-Romantik die Tränen in die Augen treiben dürfte. Der Orchesteranteil wurde im direkten Vergleich zu so manchem Song auf dem Vorgänger "Codex Atlanticus“ etwas zurückgefahren, was den Songs aber nichts von ihrer Epik nimmt.
Doch irgendetwas fehlt bei dieser durchgängig auf sehr hohem Power-Metal-Niveau rangierenden Platte. Abwechslung ist es nicht, die gibt es nämlich dank des Klavier-Interludes "Kings Landing“, der schon erwähnten Ballade "Heaven“ und auch der orientalisch angehauchten "The Fortress (of Blood and Sand)“ zur Genüge. Vielmehr fehlt dem Album noch dieser letzte Kick, um einem dann doch den Atem rauben zu können. Gerade in der bei vielen Bands problematischen zweiten Albumhälfte geht dem Album etwas die Puste aus. Die Songs sind gut, aber mehr eben auch nicht. Erst mit dem finalen "The Final Crusade“ finden SERENITY in ihren hitverdächtigen Lauf der ersten Hälfte zurück.
Manchmal ist weniger mehr
So reicht es SERENITY und „Lionheart“ nicht ganz für eine Empfehlung. Zwar hätte das Album meiner Meinung nach davon profitiert, auf EP-Länge zurecht gestutzt zu werden, um sich auf die wirklichen Hits konzentrieren zu können, doch soll dieser Vorschlag keineswegs den Eindruck vermitteln, dass „Lionheart“ kein überdurchschnittliches Power-Metal-Album geworden ist. Allerdings hätte die halbe Spielzeit die Hitdichte deutlich erhöht. Fans von gerade genanntem Genre können also bedenkenlos zugreifen und auch Musikfans, die den obligatorischen Klecks Kitsch ab können, sollten auf jeden Fall einmal Probe hören!
Tracklist
01 Deus Lo Vult
02 United
03 Lionheart
04 Hero
05 Rising High
06 Heaven
07 King’s Landing
08 Eternal Victory
09 Stand And Fight
10 The Fortress (Of Blood And Sand)
11 Empire
12 My Fantasy
13 The Final Crusade