Beyond The Black - Heart Of The Hurricane

Beyond The Black - Heart Of The Hurricane

Nach der Trennung von ihren Mitmusikern als egoistisches Soloprojekt verschrien, als Casting-Band gebrandmarkt, von ihren Fans innig geliebt, von Kritikern umso mehr verachtet: BEYOND THE BLACK sind stets für eine Kontroverse gut. Daran wird auch "Heart Of The Hurricane", das dritte Album der Symphonic Metaller um Jennifer Haben und das erste mit ihrer neuen Mannschaft, nicht viel ändern.

Dabei lässt die Sängerin nichts unversucht, um den negativen Beigeschmack, den beispielsweise zahlreiche im Booklet des letzten Albums aufgeführte Gastmusiker verursacht haben, erklärend zu beseitigen. Und das erledigt sie - das muss man ihr lassen - in Interviews so souverän und sympathisch, dass man sich schon sehr auf die Frontfrau eingeschossen haben muss, um nicht zumindest mal über ihre Worte nachzudenken. Ich zumindest nehme ihr voll und ganz ab, dass sie und ihre ehemaligen Mitmusiker sich gerade bei der Frage, ob der volle Fokus auf Band und Tour liegt, nicht einig waren und deshalb nach monatelangen Gesprächen eine weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen haben. Oder dass sich Haben seit Jahren mit einem eingespielten Team (u.a. Metal-Koryphäe Sascha Paeth) umgibt und dessen Unterstützung auch nutzt, um Songs und Alben zu perfektionieren.

"Heart Of The Hurricane" (Titel und Cover sind übrigens programmatisch für die Widrigkeiten, die Haben in den letzten zweieinhalb Jahren erfahren musste) ist also die erste Scheibe, auf der die neuen Bandmitglieder Christian Hermsdörfer (Gitarre), Tobi Lodes (Gitarre), Stefan Herkenhoff (Bass), Jonas Roßner (Keyboard) und Kai Tschierschky (Drums) zu hören sind.

"Heart Of The Hurricane" beginnt sehr stark...

Los geht's mit "Hysteria", einem sehr melodischen Midtempo-Opener mit großartigem Refraun, der sofort ins Ohr geht und jeden BEYOND THE BLACK- und Symphonic Metal-Fan generell sabbern lassen dürfte. Der mitreißende Titeltrack besitzt einen ordentlichen Groove und zeigt Jennifer Haben gesanglich von ihrer besten Seite, mit "Through The Mirror" folgt die erste symphonische (Halb-)Ballade mit leichtem Folk-Einschlag und erneutem Ohrwurm-Alarm im Chorus.

Im packenden "Million Lightyears" regiert der Midtempo-Bombast, die zuerst gewöhnungsbedürftigen, aber passenden Vocals von Neu-Gitarrist Chris setzen abwechslungsreiche Akzente. Fast schon schunkelig geht's im "Song For The Godless" zu, man sieht förmlich die Feuerzeuge (oder Smartphone-Displays) in der Luft tanzen. Die folkig-mittelalterliche Nummer überzeugt durch einen wahnsinnig eingängigen Refrain und eine dichte, mystische Atmosphäre.

... und macht mit hochmelodischem Symphonic Metal auch in der zweiten Hälfte genauso weiter...

Ungewöhnlich Gothic-lastig geht es mit dem kurzen, sehr eingängigen "Escape From The Earth" zu, das mich an AVANTASIAs "Draconian Love" erinnert - man rechnet jeden Moment damit, dass Herbie Langhans' Stimme einsetzt. Das simple, aber effektive Zwischenspiel leitet in "Beneath A Blackened Sky" über, in dem wieder die symphonische Metal-Keule geschwungen wird. Streicher und Chöre sorgen für eine dramatische, düstere Stimmung. Die wird im ebenfalls zackigen "Fairytale Of Doom" deutlich strahlender und positiver, die Nummer glänzt mit opulenter Umsetzung und wunderbar epischem Chorus.

Mit Pianoklängen beginnt die melancholische Halbballade "My God Is Dead", bis im Chorus Jennifer Habens traurige Vocals von Growls kontrastiert werden, die ruhig etwas kräftiger hätten sein können. Zuerst unpassend verleihen sie der epischen Nummer mit wunderbarem Break nach zwei- oder dreimaligem Hören einen zusätzlichen Reiz, dem man sich aber öffnen muss. Das treibende "Dear Death" lässt dann wieder den Metal regieren und glänzt mit einem erhabenen Chorus, der allerdings mehr Durchgänge benötigt als die bisherigen Songs, bis er zündet.

... bis die unnötigen Screams im finalen Drittel Einzug halten

Ähnliches gilt für das vielversprechend beginnende "Scream For Me", bei dem sich ruhige Strophen und deftiger Chorus mit Screams passend zum Songtitel abwechseln. Diesmal funktioniert dieses Wechselspiel aber nicht, zumal der Song eher langweilig wirkt. Ganz furchtbar wird's in "Freedom", dem härtesten Song der Bandgeschichte mit tiefer gestimmten Gitarren, brachialen Riffs und seltsamer Struktur. Das Geschrei im erschreckend uninspirierten Chorus macht trotz enormem Potenzial die komplette Nummer kaputt.

Den Abschluss des Albums markiert wunderbar rührende, von Piano und Orchester getragene Ballade "Breeze", in der Jennifer Haben vorzüglich zwischen sehr sanften und leidenschaftlich lauten Vocals wechselt. Ungemein kitschig und meilenweit von Metal entfernt, aber hach... Einfach schön.

Käufer der Limited Edition im Mediabook dürfen sich über zwei Bonustracks freuen, deren Positionierung nach dem ruhigen Ausklang nicht glücklich gewählt ist: "Echo From The Past" mit sehr eingängigem Refrain, das ungewöhnlich mit Westerngitarren beginnt und problemlos regulär auf dem Album hätte stehen können, und das eher unscheinbare "Parade", das immerhin einen außergewöhnlichen, hörenswerten Chorus beinhaltet.

BEYOND THE BLACK überzeugen auch ein drittes Mal - mit Abstrichen

Jennifer Habens einschmeichelnde Stimme ist und bleibt nicht wirklich überraschend der Fixpunkt im BEYOND THE BLACK-Kosmos. Ihre neuen Mitstreiter bringen sich gut ein, in Sachen Backing-Screams gibt's definitiv Nachholbedarf. Die teils poppigen Songs sind größtenteils auf den Punkt gebracht, hochmelodisch und simpel, aber sehr effektiv - und am Ende ungewohnt unausgegoren. Die an sich bodenständige Produktion lässt den letzten Druck vermissen. Die Gitarren könnten ein gutes Stück mehr braten, die Drums hätten mehr Wumms verdient. Das gelang auf den ersten beiden Alben besser und führt zu Abzügen in der B-Note.

Ein etwas geringerer Pop-Anteil, "Echo From The Past" in der regulären Trackliste, Verzicht auf uninspirierte Growls nur um der Härte willen, dafür eine druckvollere Produktion: Es hätte nicht viel gefehlt, damit "Heart Of The Hurricane" auf einer Stufe mit "Lost In Forever" gestanden hätte. Während die ersten zwei Drittel vollends überzeugen, schwächeln BEYOND THE BLACK im Abschluss. Etwas komrpimierter und ohne die Screams am Ende wäre das Ding alleine songtechnisch ein richtiger Knaller geworden.

Dennoch ist "Heart Of The Hurricane" ein sehr gutes Album mit enormer Hitdichte geworden. Wer auf einfach konsumierbaren, hochmelodischen Symphonic Metal steht und sich noch nie an der hohen Balladendichte gestört hat, wird auch mit dem dritten BEYOND THE BLACK-Streich glücklich.

Trackliste

Hysteria
Heart Of The Hurricane
Through The Mirror
Million Lightyears
Song For The Godless
Escape From The Earth
Beneath A Blackened Sky
Fairytale Of Doom
My God Is Dead
Dear Death
Scream For Me
Freedom
Breeze
Echo From The Past (Bonustrack)
Parade (Bonustrack)

Band

Jennifer Haben – Gesang
Christian Hermsdörfer – Gitarre, Backgroundgesang
Tobi Lodes, Gitarre, Backgroundgesang
Stefan Herkenhoff – Bass
Jonas Roßner – Keyboard, Backgroundgesang
Kai Tschierschky – Schlagzeug

Chrischi

Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten

Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...