ATLANTEAN KODEX schaffen mit ihrer Musik eine beeindruckende Verbindung zwischen einem hohen Anspruch durch tiefgehende Texte und komplexes Songwriting auf der einen, sowie Live-Tauglichkeit durch simplere Refrains und eingängige Chor-Gesänge auf der anderen Seite. Spätestens wenn Sänger Markus Becker „Lions Of Chaldea“ oder “Chariots“ intoniert, kann man sich vor der Bühne dem Bann des Kodex kaum entziehen.
Pathetischer Heavy Metal ohne Pomp-Optik
Ein extremes Pathos lässt sich für fast alle Songs der Scheibe nicht abstreiten: ATLANTEAN KODEX setzen mit ihren Kompositionen in gewisser Weise die Arbeit der frühen (!) MANOWAR fort, kommen dabei allerdings ohne jeden optischen Klimbim wie Bärenfelle und Gemächt-akzentuierende Lederhosen aus. Eier zeigt die Band ausschließlich durch ihre Musik, die aber weder kitschig noch aufgesetzt rüberkommt – sondern mächtig, ergreifend und vielseitig ist.
Die Liebe der Musiker zum Monumentalen, Epischen und Phantastischen ist an zahlreichen Stellen hörbar: Viele Songtexte der Bayern sind inspiriert von literarischen Werken, lassen aber oftmals mehr als eine Les- und Interpretationsart zu. So ist „The Innermost Light“ zwar von einem polnischen Kirchenlied inspiriert, könnte aber auch als Hommage an den Song „The Misty Mountains Cold” aus Peter Jacksons „Hobbit“-Verfilmung verstanden werden: Egal ob Melodie, Songtext oder der später einstimmende düstere Männerchor – all das ruft Erinnerungen an die Reise von Thorin Eichenschilds Gemeinschaft zum einsamen Berg hervor (der im Übrigen auch Teil des großartigen Booklet Artworks von Ben Harff ist).
Zugleich nehmen ATLANTEAN KODEX mit ihren Texten auch immer wieder Bezug auf reale Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart. Der Titeltrack, in dem die ausufernde Komplexität des KODEX’schen Sounds, der mal hart und treibend („He Who Walks Behind the Years“), mal melancholisch und nachdenklich wirkt („People of the Moon“, „Spell of the Western Sea“), spielt auf die aktuell angespannte politische Lage Europas an.
Textzeilen wie „Empires rise and empires fall“ erinnern inhaltlich außerdem stark an PRIMORDIALs Song „Empire Falls“, wobei die Bayern doch eine hoffnungsvollere Weltsicht verbreiten und nach Lösungen und Auswegen suchen: „Yet from the ruins a flower will spring“.
Klang, Inhalt und Optik ergeben ein stimmiges Gesamtbild
Pure Leidenschaft, inhaltliche Tiefe und professionelle Detailverliebtheit sind grundlegend für die Arbeit von ATLANTEAN KODEX – und vielleicht braucht es einige Durchläufe, bevor sich die volle Wirkung von „The Course of Empire“ entfaltet. Doch es lohnt sich, die Zeit zu investieren: Denn unter einer manches Mal schwer zugänglichen Oberfläche verbirgt sich ein Kern einzigartiger Kompositionen. Da der Härtegrad verglichen mit „The White Goddess“ etwas nach oben geschraubt wurde und das Artwork sowie die Texte in Verbindung mit der fesselnden Musik ein harmonisches Ganzes ergeben, ist die neue Platte höchstnotenwürdig.
Die Band ist sich unterdessen abermals nicht sicher, ob sie ein weiteres Album schreiben wird. Doch egal, wie die Entscheidung in Zukunft ausfallen wird, die bisherigen Platten „take [their] eternal way“, wie der „Course of Empire“ selbst.
"The Course Of Empire" Tacklist:
1. The Alpha and the Occident (Rising from Atlantean Tombs)
2. People of the Moon (Dawn of Creation)
3. Lion of Chaldea (The Heroes' Journey)
4. Chariots (Descending from Zagros)
5. The Innermost Light (Sensus Fidei)
6. A Secret Byzantium (Numbered as Sand and the Stars)
7. He Who Walks Behind the Years (Place of Sounding Drums)
8. Spell of the Western Sea (Among Wolves and Thieves)
9. The Course of Empire (All Thrones in Earth and Heaven)
10.Die Welt von Gestern (Abendland)
Line-Up:
Michael Koch - Lead Guitar
Mario Weiss - Drums
Markus Becker - Vocals
Florian Kreuzer - Bass
Manuel Trummer - Rhythm Guitar
Coralie Baier - Lead Guitar