Stil (Spielzeit): Modern Metal (38:46)
Label/Vertrieb (VÖ): Tiefdruck-Musik (26.03.10)
Bewertung: 7 / 10
Link: http://www.myspace.com/manmusic
Full Scale Quarter Tone System... Nein, diese Buchstabenkombination ist nicht bei meinem letzten Scrabble-Match herausgekommen, sondern sie bezeichnet das höchst innovative, in der Art bisher nie dagewesene und höchstwahrscheinlich weltverbessernde Tonleitersystem, welches die schwedischen Neo-Thrasher von M.A.N. eigens für diese Scheibe entwickelt haben. Da stecken jahrelange Arbeit, Unmengen an kopfzerbrechenden Tüfteleien und vor allem vergleichslose Genialität hinter. Vermutlich. Also ich als Nicht-Pro-Gitarrist kann hier wahrhaftig keine großartigen Differenzen zu den konventionellen Vorgehensweisen, eine Stromgitarre zu bedienen, feststellen. Und da bin ich nicht der Einzige. Für diejenigen unter Euch, die jedes Konzert stets kopfschüttelnd verlassen, weil dem Saitenzupfer ja so viele Spielfehlerchen unterlaufen sind, sich andererseits jedoch auch darüber freuen, dass ihnen dies überhaupt augefallen ist, sei hier noch einmal kurz das Konzept des „Full Scale Quarter Tone Systems“ erläutert: Es handelt sich dabei um eine Erhöhung der Halbtonschrittzahl innerhalb einer Oktave von 24 auf 48 Töne. Alles klar? Allen anderen sei gesagt: M.A.N. spielen ihren modernen und eher schwer einzuordnenden Metal relativ schnell, klingen gelegentlich recht abgehackt und gerne auch mal hektisch, stechen jedoch nicht unbedingt in dem Maße aus dem schwermetallischen Sumpf hervor, wie man es sich aufgrund besagter Innovation vielleicht erhofft.
Auf der anderen Seite spielen die vier Jungs aus Schweden auch durchaus keinen Musikstil, den man schon tausendmal gehört hat. Nein, an Eigenständigkeit mangelt es nun wirklich nicht. Die einzigen richtig bekannten Bands, mit denen man M.A.N. vergleichen kann, sind eigentlich nur STATIC-X und MNEMIC. Da sind die Parallelen jedoch auch extrem auffällig. Das liegt wohl nicht zuletzt daran, dass Frontmann Tony JJ auch schon ein halbes Jahr lang bei letzterer Combo am Mikro stand. In dieser kurzen Zeit hat sich bei ihm wohl so mancher Einfluss festgesetzt, welchen er nun bei M.A.N. auslebt. Das beginnt bei seiner Art, die Hörer anzuschreien, und endet bei den teilweise recht vertrackten Songstrukturen. An die Klasse einer Scheibe wie „Mechanical Spin Phenomena“ kommt das Ganze zwar nicht heran, doch bewegt man sich zumindest in der gleichen Liga. Der zweite Haupteinfluss, nämlich der der kalifornischen Industrial-Thrasher von STATIC-X, macht sich durch die teils abgehackten Riffings in Kombination mit jeder Menge steriler Keyboard-Unbtermalung bemerkbar. Auch hier hält der gute Tony JJ es für angemessen, gelegentlich exakt wie deren Frontmann Wayne Static zu klingen. Man höre sich nur einmal den dritten Track „Don’t wake up“ an. Mehr STATIC-X geht nicht.
Diese akkurate Verschmelzung von abgehackten Riffs, tightem Drumming und aggressiven Vocals in Verbindung mit klinischen, düsteren Industrial-Klängen lässt auch Vergleiche zu den mächtigen FEAR FACTORY nicht unangebracht erscheinen. Und auch hier lassen sich gewisse Parallelen durchaus nicht von der Hand weisen. Ende 2010 werden diese beiden Combos auch zusammen einige Shows in Skandinavien absolvieren. Des Weiteren sind Einflüsse von SYSTEM OF A DOWN, MESHUGGAH und MUSHROOMHEAD zu erkennen. Wenn man das Gesamtwerk betrachtet, kann man von einem komplexen, interessanten und sehr abwechslungsreichen Metal-Bastard der neuen Schule sprechen, welcher ganz klar das Hauptaugenmerk auf mitreißende Rhythmen legt und versucht, zusätzlich mit ausgefallenen Ideen zu punkten.
Das gelingt mehr oder weniger gut. Manch einem Zielkunden wird die ganze Geschichte mit Sicherheit etwas zu abgedreht klingen. Diejenigen, denen M.A.N. schon durch die beiden Vorgängeralben ein Begriff ist, sehen sich auf „Massive Audio Nerve“ mit einem gestiegenen Elektronik-Anteil und komplexeren Songstrukturen konfrontiert. Mich persönlich vermochte die Scheibe zwar durchaus in Bewegung zu versetzen, doch fehlt mir hier, genau wie bei den neueren Werken von MNEMIC und STATIC-X, leider etwas die Langzeitmotivation. Da sich die Jungs aber so viel Mühe gegeben haben, erscheinen mir sieben Punkte angemessen...