Metal Core / Cover von deutschsprachigen Songs
Label: Sony / Four Music
VÖ: 11.01.2013
Bewertung:VÖ: 11.01.2013
Mit ihrem neuesten Werk „Man Spricht Deutsch“ haben CALLEJON nicht nur eindrucksvoll alle verfügbaren Schubladen zertrümmert und damit ihrem Ruf als Band ohne Scheuklappen alle Ehre gemacht, sondern das mit Abstand beste Coveralbum der letzten Jahre abgeliefert. Von wegen Sackgasse, CALLEJON befinden sich mit „Blitzkreuz“ sowieso schon auf der Überholspur und „Man Spricht Deutsch“ gibt noch mehr Zunder.
Schon die Auswahl der Songs ist ungewöhnlich und wirft einige Fragen auf. Den Schuh „HOSEN oder ÄRZTE“ haben sich CALLEJON erst gar nicht angezogen und einfach von den einen „Schrei Nach Liebe“ und von den anderen „Hier Kommt Alex“ verarbeitet. BELA B. höchstpersönlich gesellt sich mit seiner rauchigen Stimme dazu und setzt zum Ende noch eine 2012er Marke, indem er ein arrogantes „… du kleiner Pisser“ hinzufügt. Im Vergleich zur Originalversion passen der druckvolle Gesang von CALLEJON und die Doublebassattacken viel besser zur Aussage. Massiv angepisst kreischen CALLEJON dem rechten Pack die Ansage entgegen, dass sie sich endlich verpissen können. Dem Solo die Rhythmusgitarre zum Druckaufbau beiseite zu stellen, ist sehr gut gelungen.
„Hier Kommt Alex“ ist ebenfalls richtig gut gelungen und erinnert mich persönlich daran, welch große Lieder DIE TOTEN HOSEN früher geschrieben haben. Da auch Campino im Original richtig Gas gegeben hat, mussten CALLEJON hier gar nicht so sehr die Daumenschrauben anziehen.
Wie CALLEJON den „Block“ von SIDO mit Death Metal und wuchtigem Core verkleidet haben, ist schlichtweg großartig. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich davon ausgehen, dass CALLEJON ebenfalls einer Hood in Berlin entstammen. Bernie und Kotsche packen die prallen Riffs aus, während BastiBasti Zeter und Mordio schreit. Da CALLEJON das Tempo erhöht haben, muss er hier beeindruckende Geschwindigkeiten meistern, was ihm aber scheinbar mühelos gelingt.
Es knallt und rummst an allen Enden auf „Man Spricht Deutsch“ und CALLEJON verpassen vorrangig den Hip-Hop Stücken von PETER FOX, FETTES BROT und SIDO die nötige Härte. Erst störe ich mich daran, dass die prägnanten Stimmen fehlen. „Alles Neu“ lebt von dem unverwechselbaren Flow, den nur Pierre Baigorry selbst einbringen kann. Doch elektronische Interludes, stampfendes Drumming, messerscharfe oder auch gerne breite Riffs schlagen in diesem Fall tatsächlich das Original.
Bei „Durch den Monsun“ habe ich teilweise das Gefühl, die zweite Stimme sei Bill Kaulitz selbst. Ich breche jetzt mal eine mutige Lanze und traue mich zu schreiben, dass ich „Durch den Monsun“ von der Melodie her schon immer sehr gut fand und bei der CALLJEON Version kriege ich tatsächlich in regelmäßigen Abständen Gänsehaut an den Armen. Wenn BastiBasti herzzereißend „… dann wird alles gut…“ brüllt und dazu der Doublebass knallt, dann ist es tatsächlich ziemlich schnuppe, ob das Original von TOKIO HOTEL kommt oder von einer harten, bärtigen Metalkombo. Das gleiche gilt für die TIC TAC TOE Variante von CALLEJON, der dickste Song vom Album, mit massig Nackenschlägen und einem Mördergroove. Von Seiten CALLEJON wird hier gesangstechnisch richtig gut abgedreht und „Scheiße“ in allen möglichen schrill kreischenden Varianten, mit Unterstützung von K.I.Z., geboten. Der Rhythmus erinnert mich an eine ähnliche Aktion von DIE FANTASTISCHEN VIER, die damals mit dem Projekt MEGAVIER bei ihren eigenen Stück sehr erfolgreich den rockigen Kuttenfaktor erhöht haben.
DIE FANTASTISCHEN VIER haben sich CALLEJON auch vorgenommen auf „Man Spricht Deutsch“. „MfG“ ist aber meiner Meinungen nach, neben „Ein Kompliment“ und „Alles Nur Geklaut“, das belangloseste Cover auf der aktuellen Platte.
Bei „Major Tom“ versprühen CALLEJON eine herbe Partystimmung, die man dem pathetischen Refrain des Titels trotz enormer Veränderung wohl niemals wegcovern kann. Dank CALLEJON kann man nun zum Refrain aber auch noch bangen, bis die Haare trocken sind. Käufer der Bonusversion, mir lag die Standard Edtion vor, werden auch noch „Chicago“ und „Boomerang“ geboten.
Um somit die Frage „Hat das jetzt wirklich sein müssen?“ abschließend zu beantworten: „Ja!“ CALLEJON machen nämlich, wie immer, heftig Krach auf „Man Spricht Deutsch“ und haben zwölf deutsche Titel ordentlich mit Rotz und Rabatz ausgestattet. Damit haben CALLJON eindrucksvoll bewiesen, dass deutsche Musik heutzutage auch anders klingen kann und man in Zukunft auf jeden Fall mit ihnen rechnen darf.
Tracklist:
1. Schrei nach Liebe feat. Bela B. 2. Schwule Mädchen 3. Alles neu 4. Ich find dich scheiße feat. K.I.Z. 5. Durch den Monsun 6. Mein Block 7. Ein Kompliment 8. Hier kommt Alex 9. Major Tom 10. MfG 11. Alles nur geklaut 12. Chicago (Bonustrack) 13. Boomerang (Bonustrack)