Machen wir uns nichts vor: BULLET FOR MY VALENTINE sind gezähmt, der Tiger ein Schmusekätzchen, hier und da fehlt es an Biss. Ich konnte mich bisher aber für jedes Album begeistern und bei „Temper Temper“ fällt mir dies auch nicht schwer, denn Hand aufs Herz, so schlimm wie es alle befürchtet haben, ist das neuste Werk nicht. Technisch sogar sehr ausgereift. Die Zutaten: Matts unverkennbarer Gesang, verschachtelte Riffs, die eher an kleine Soli erinnern und ein bunt zusammengestelltes Repertoire aus ruhigen und kräftigen, anspruchsvollen und einfachen sowie Songs zum gegen die Wand moshen und auf dem Sofa lümmeln.
Die Tracks sind gut zusammengestellt – erst rummst es ordentlich und zwischendrin gibt’s treibende Balladen zum Luft schnappen. Dummerweise ist eine Befürchtung doch wahr geworden: BULLET FOR MY VALENTINE zeigen noch weniger Zähne auf dem Album als bisher. Während die drei Brecher am Anfang für ordentlich Action sorgen, bietet „P.O.W.“ einen ersten Kontrast im Programm. Eine schöne Ballade mit viel Dampf wird geboten, erinnert teilweise an „Pretty In The Outside“ vom letzten Album. „Dirty Little Secrets“ ist eine ganz fiese Nummer, ballert unerbittlich los, man stürzt sich gedanklich in den Mosh und plötzlich: Vollbremse und mir werden sanft die Akkorde um die Ohren geschmiegt. Ab der Mitte nimmt der Track wieder ordentlich an Fahrt auf.
Während wir bei „Temper Temper“ zur Aggressionsbewältigung übergehen und mächtig Dampf ablassen wollen, widmet sich Tuck in „Riot“ den Ausschreitungen und Plünderungen, die 2011 das Vereinte Königreich erschütterten. Die Arrangements hat man zum größten Teil auf ihren anderen Alben gehört, große Sprünge wurden nicht mehr gemacht und Veränderungen finden sich nur schwer im Detail. Zu machen Titeln kann man auch fast die Lyrics vom „Fever“ Album singen. BULLET FOR MY VALENTINE festigen ihren eingeschlagenen Weg mit „Temper Temper“.
„Leech“ fällt mit seinen fetzigen, fast schon groovenden Melodien aus der Spur, macht aber unglaublich viel Spaß. In der Tracklist hat sich mit „Tears Don’t Fall (Part 2)“ ein erhofftes Andenken vom Debütalbum versteckt. Da „Temper Temper“ jedoch kein zweites „The Poison“ ist, finden sich hier auch kaum Ähnlichkeiten. „Temper Temper“ klingt schlichtweg anders.
Mit „Temper Temper“ haben BULLET FOR MY VALENTINE ein gutes Album veröffentlicht, sofern man es zulässt und sich nicht die ganze Zeit aufregt, dass es einem nicht passt. Fans von „Fever“ können beherzt zugreifen, allen anderen lege ich Matts Nebenprojekt AXEWOUND ans Herz.
Cengiz
Seit 2012 bin ich mit Kamera und offenem Ohr für BurnYourEars unterwegs.
Mein musikalischer Horizont kennt keine Grenzen: Von synthlastigem Metal über Rap bis hin zu Screamo – Hauptsache, es groovt und hat Tiefgang.
Live-Konzerte sind meine Passion. Zahllose Gigs und Festivals später bin ich immer noch süchtig nach der Energie, die nur Live-Performances entfachen können. Denn egal wie brillant eine Platte klingt, erst auf der Bühne zeigt sich die wahre Magie einer Band.
Meine All-Time-Favourites? Machine Head, Heaven Shall Burn und Parkway Drive (bis "Reverence"). Aber meine Playlist ist so vielfältig wie ein Festivalprogramm – von Crossfaith bis Lamb of God ist alles dabei.
Wer einen Blick auf meine fotografische Reise durch die Musikwelt werfen möchte: Mein Portfolio mit Konzertbildern seit 2012 findet ihr auf fotocengiz.de.