Ich kann mich noch sehr gut an meine erste Begegnung mit BMTH erinnern: 2007, als Support von KILLSWITCH ENGAGE in der Großen Freiheit 36 in Hamburg. Ich kannte die Jungs zu diesem Zeitpunkt nur vom Namen her und war total überrascht, dass etliche Teenie-Mädels extra wegen der Briten aus Dänemark angereist sind. Oli Sykes & Co., die sich übrigens nach dem Spruch „And Now Bring Me That Horizon" von Captain Jack Sparrow in „Pirates Of The Caribbean" benannt haben, blieben mir an diesem Abend lediglich aufgrund ihres jungen Alters und ihren vielen Tattoos in Erinnerung. Mit der Musik, einer Mischung aus thrashigem Metal, fiesem Gebrüll, etlichen Breaks und Chaos pur, konnte ich damals absolut nichts anfangen und habe sie zu diesem Zeitpunkt auch einfach nicht verstanden.
Meine Meinung über BMTH änderte sich allerdings komplett mit dem 2010er Release „There Is a Hell, Believe Me I've Seen It. There Is a Heaven, Let's Keep It a Secret" – endlich war ein roter Faden zu erkennen und es herrschte nicht mehr nur komplettes Chaos. Die Menge an großartigen Hooks, dezent platzierten elektronischen Beigaben und die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern wie LIGHTS oder SONNY MOORE (SKRILLEX) haben mich absolut süchtig gemacht, wodurch mich die Scheibe meinen kompletten Neu England/Kanada Urlaub im Herbst 2010 begleitet hat.
Auch die von Oli Sykes veröffentlichte Klamottenmarke DROP DEAD CLOTHING veranlasste mich das eine oder andere Mal zum Kauf. Die Jungs von der Insel haben Stil und auch live konnten sie mich besonders mit ihrem Auftritt bei Rock Am Ring 2011 komplett überzeugen. Dementsprechend groß war bei mir auch die Erwartung an das neue Werk „Sempiternal", welches Ende März veröffentlicht wurde.
Meine Vorfreude wurde durch das Ausscheiden von Rhythmus-Gitarrist Jona Weinhofen allerdings etwas gedrosselt, da er neben Frontmann Oli Sykes mittlerweile so etwas wie das Flagship der Truppe geworden ist. Einen direkten Ersatz für Jona gab es nicht, aber dennoch ist mit Jordan Fish (Ex-WORSHIP) ein Neuzugang am Keyboard bei BMTH zu vermelden. Dieser hinterlässt auch gleich beim Opener „I Can Feel You In My Heart", der für viele alt eingesessene Fans sicherlich nicht so leicht zu verdauen ist, seine Handschrift. Der Song ist extrem elektrolastig und besitzt eine für Oli ungewohnt clean gesungene Bridge, die mir persönlich sehr gut gefällt.
Allzu geschockt sollten die alteingesessen Fans jedoch nicht sein, denn bereits der zweite Song des Albums „The House Of Wolves" kommt wesentlich härter und aggressiver daher. In dieselbe Kategorie fallen das angepisste, mit vielen heftigen Schimpfworten gespickte „Anti-Vist" und die erste Single „Shadow Moses", bei der sogar durch den nicht ganz so präsenten und atmosphärischen Klangteppich die Instrumente deutlich differenzierter zu hören sind.
Aber auch die beiden Hymnen „Go To Hell For Heaven's Sake" und „Seen It All Before" sind ein Beweis für die tolle Gitarrenarbeit von Lee Malia. Meine Favoriten sind allerdings das epische „Empire (Let Them Sing)" mit seinen orchestralen Einspielern und schönen Gangvocals, die zweite sehr eingängige Single „Sleepwalking" und die großartige Ballade „And The Snakes Begin To Sing", bei der Oli erst leise, heiser und verletzlich singt und später in ein mitreißendes Schreien verfällt.
„Sempiternal" ist ein großartiges Album geworden, was sicherlich mit an der tollen, aber nicht zu klinisch geratenen Produktion vom legendären Terry Date (Deftones, Slipknot) liegt. Die fünf Mid-Zwanziger sind musikalisch deutlich gereift und immer noch erfrischend experimentierfreudig.
Textlich gesehen zeigt sich Oli Sykes neben seinen bekannten Hasstiraden gegen Religion („Fuck Your Faith" aus dem Song „Crooked Young") und andere gesellschaftliche Werte auch mal verletzlich und selbstreflektierend („We Speak In Tongues Blacker Than The Sun" aus „Crooked Young" oder „I'm scared to get close" aus „I Can Feel My Heart"), was ihn für mich erneut ein Stück weit sympathischer macht.
Neuzugang Jordan Fish hat „Sempiternal" deutlich mitgeprägt und ist hauptverantwortlich dafür, dass auf dem Album häufig sphärische und warme Klänge dominieren und es dadurch teilweise in die Ambient-Richtung geht. Ich bin begeistert und überzeugt, dass die neue BMTH Platte bei mit zwar nicht „Sempiternal" (also ewiglich) aber sicherlich eine ganze Zeit lang auf Dauerrotation laufen wird.