Den Begriff Soloalbum nimmt der vom Papst persönlich als Gitarrengott anerkannte MARTY FRIEDMAN wörtlich: Der vor allem wegen seiner Vergangenheit bei MEGADETH („Rust In Peace“ bis „Risk“) bekannte Mann shreddert und gniedelt, dass man die Finger schier verschwimmen sieht. Der Effekt gleicht dabei weniger einem Inferno als vielmehr einem China-Böller: Es macht einmal mächtig bumm, aber es bleibt nichts Nennenswertes übrig und schnell fragt man sich, ob man das Geld nicht besser hätte spenden sollen. Auf „Inferno“ reiht sich ein technischer Exzess an den nächsten, den die, ebenso wie FRIEDMAN selbst natürlich handwerklich exzellente, Begleitmannschaft mit atemlosen, hektischen und bis zum Platzen aufgeblasenen Thrash-Prog-Speed-Metal-Monstern untermalt.
MARTY FRIEDMANs musikweltumspannende Stilistik ist beeindruckend. Er ist sicher einer der technisch besten Gitarristen des Planeten. Aber ich bewundere auch Astrophysiker und möchte ihnen trotzdem nicht beim Rechnen zusehen. Für mich bleibt diese Musik selbstgefälliger Lederhosen-im-Spagat-Metal, für den sich ein Blick in internationales Recht lohnen würde – meines Wissens ist seelenloses Zeug wie dieses seit den späten 80er-Jahren verboten. Absoluter Tiefpunkt: die, ähem, Powerballade „Undertow“. Da schüttelt’s einen, so deutlich tauchen vor dem inneren Auge längst verdrängte Bilder von Cowboystiefeln und Dauerwellen im Bühnennebel auf. Schade, dass der Song instrumental bleibt, Bonny Tyler wäre als Gastsängerin nur konsequent gewesen.
Denn MARTY FRIEDMAN hat sich für „Inferno“ eine ganze Reihe Helfer geholt (komplette Liste siehe unten). So gibt es ein paar Stücke mit Gesang, während derer man sich von der Solobeschallung des Meisters etwas erholen kann. DANKO JONES veredelt „I Can’t Relax“ zu einem anständigen Rocker, anderen Stücken drücken Alexi Laiho (CHILDEREN OF BODOM) und David Davidson (REVOCATION) ihre Stempel auf. Das tut gut, führt aber auch zu stilistischen Brüchen auf dem Album. Mehr als drei Punkte sind für „Inferno“ nicht drin: zwei für die technische Leistung, einer für DANKO JONES.
Tracklist von „Inferno“:
1. Inferno
2. Resin
3. Wicked Panacea (feat. Rodrigo y Gabriela)
4. Steroidhead (feat. Keshav Dhar)
5. I Can't Relax (feat. Danko Jones)
6. Meat Hook (feat. Jørgen Munkeby)
7. Hyper Doom
8. Sociopaths (feat. David Davidson)
9. Lycanthrope (feat. Alexi Laiho & Danko Jones)
10. Undertow
11. Horrors (co-written by Jason Becker)
12. Inferno -reprise-
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Helge
Death Metal, Thrash Metal, Black Metal: immer gerne. Kann ich den ganzen Tag hören. Die störrische Art, unpolitisch sein zu wollen, nervt mich aber an der Metalszene – dabei ist doch alles politisch, auch Schweigen. Für Musik mit Haltung zieht es mich immer wieder zum Punk, vor allem zu melodischem US-Punk und Riot-Grrrl-Sound. Gleichzeitig habe ich einen sweet spot für 80er-Hair-Metal und für vieles, was mich in den 90ern musikalisch sozialisiert hat.
Bands
Amorphis, Amyl And The Sniffers, Bad Religion, Brutus, Cinderella, Dool, Entombed, Gggolddd, Gorefest, Grave, Guns n' Roses, Hail Spirit Noir, Iron Maiden, King Buffalo, Megadeth, Mötley Crüe, My Dying Bride, Obituary, Prong, Sodom, Solbrud, Spectral Wound, The Great Old Ones, Valborg, War On Women, White Ward, ZZ Top, ...
Prägende Alben
AC/DC - Let There Be Rock
Aerosmith - live! Bootleg
Amorphis - Tales From The Thousand Lakes
Bad Religion - Suffer
Benediction - Transcend The Rubicon
Bruce Springsteen - Nebraska
Death - The Sound Of Perseverance
Don Dokken - Up From The Ashes
Eloy - Inside
Genesis - Trespass
Grave - You'll Never See
Guns n' Roses - Use Your Illusion I & II
Kyuss - Welcome To Sky Valley
Megadeth - Rust In Peace
My Dying Bride - The Angel And The Dark River
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Sepultura - Arise
Sodom - Agent Orange
Tankard - Two-faced
Tool - Aenima
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