„Bloodlust“ schlägt letztlich in genau so heiße Zeiten ein, wie das Debüt, das 1992 erschien und schnell von „Cop Killer“ zum schlichten Titel „Body Count“ runterzensiert wurde. Die USA sind gespalten: Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer und größer. Schwarze haben ein deutlich größeres Risiko von der Polizei erschossen zu werden, als Weiße. Rassismus ist Alltag.
Ice-T wird nicht müde, diese Missstände anzuprangern. Auch mit fast 60 ist der Rapper, der den Crossover zwischen Metal und Hip Hop entscheidend geprägt hat, noch wütend. Wie kaum ein Zweiter legt er mit knappen Worten den Finger auf die Wunde: „In the eyes of the law black skin has always stood for poor“ – effektiver kann man institutionellen Rassismus wohl kaum beschreiben.
"Bloodlust" ist in den gesellschaftskritischen Songs am besten
„Bloodlust“ ist sehr ernst und düster, im Vergleich zu früher gibt es kaum humoristisch überzeichnete Gewaltfantasien und keine Machismen wie „Evil Dick“ oder „99 Problems BC“. Das tut dem Album gut, denn „Bloodlust“ ist in den gesellschaftskritischen Songs am besten. Der Opener „Civil War“ beschreibt die generellen Zustände in den USA. „This Is Why We Ride“ bezieht sich auf die von Kriminalität und Gewalt zerfressenen Ghettos und geht an alle, deren Freunde und Familien auf der Straße ermordet wurden – nachdenklich, aber mit dem für Ice-T typischen Gangster-Flavour. Die erste Single „No Lives Matter“ ist zugleich der stärkste Song und das stärkste antirassistische Statement des Albums. Und in „Black Hoodie“ beschreibt Ice-T eine normale Partynacht in L.A., die mit drei Polizei-Kugeln im Rücken eines Schwarzen endet.
Gegen diese Songs wirken andere nicht ganz so stark – die Gore-Fantasie „Here I Go Again“ zum Beispiel oder „All Love Is Lost“, eine Abrechnung mit illoyalen Freunden. Die klassische Gangster-Erzählung „The Ski Mask Way“ wiederum ist sehr unterhaltsam – wer auf Instagram mit seinem Reichtum prahlt, bekommt Besuch von O.G. Ice-T. LOL.
BODY COUNT sind auch musikalisch gewachsen
Musikalisch sind BODY COUNT ungemein gewachsen. „Bloodlust“ ist grooviger und auf den Punkt gespielter moderner Hardcore, ist knallharter Death Metal. Was Gitarrist Ernie C und die anderen Musiker mittlerweile drauf haben, zeigen sie eindrucksvoll in der tighten Coverversion von SLAYERs „Raining Blood“. Hinzu kommen diverse Gastkünstler, die einigen Songs ihren unverwechselbaren Stempel aufdrücken: Dave Mustaine (MEGADETH) steuert ein Solo und ein gesprochenes Intro bei, Gast-Vocals kommen von Max Cavalera (SOULFLY) und Randy Blythe (LAMB OF GOD).
„Bloodlust“ ist ein starkes Album und ein starkes Statement. Ice-T, der sich seit Beginn seiner Karriere als Chronist der Gangster-Kultur gesehen hat, beschreibt ungeschönt ein gewalttätiges Land, dessen Realität sich mit jeder Hip Hop-Fantasie messen kann. Bleibt zu hoffen, dass sich in den nächsten 25 Jahren doch noch was ändert.
Besetzung:
Ice-T – Vocals
Ernie C – Guitar, backing vocals
Juan Garcia – Guitar, backing vocals
Vincent Price – Bass, backing vocals
Ill Will – Drums
SeanE Sean – Samples, backing vocals