Numetal + Metalcore = ?
Im Opener "Wretched Veins" mischen die Amerikaner Metalcore-Elemente mit einem knackigen Hardcore-Bass und einer düsteren Numetal-Stimmung. Anders als bei vielen jüngeren Bands wirkt das Ergebnis jedoch nicht zu glattgebügelt, da OBSOLESCENCE nicht lediglich einen sauberen LINKIN PARK-Chorus mit der Standard-Metalcore-Formel nach dem ARCHITECTS-Muster kombinieren, sondern eher die dunkleren Seiten des Numetal ergründen.
Die Riffs erinnern viel stärker an KORN, so auch im Schluss-Track "Traveler's Travesty", worin ruhige Abschnitte mit harschen Vocals und einschneidenden Gitarren-Parts wechseln. Dabei handelt es sich simpel zusammengefasst um einen Numetal-Song mit Metalcore-Vocals – und diese Mischung funktioniert erstaunlich gut, selbst wenn sie auf den ersten Blick seltsam wirken mag.
Das Quartett tut im Endeffekt dasselbe, wie viele andere Genre-Kolleg:innen und mischt neu und alt. Allerdings bringen die unterschiedlichen Einflüsse hierbei frischen Wind mit sich, was man bei vielen anderen Bands des Genres nicht unbedingt sagen kann.
Ein weiterer Song, der diese Synthese verdeutlicht, ist "Vertigo Perspective", ein rein instrumenteller Track. Einerseits sind solche Lieder im Metalcore-Mainstream eher ungewöhnlich, wodurch er positiv hervorsticht, andererseits schaffen OBSOLESCENCE darin einen Balanceakt zwischen beiden Lagern: der Metal- und der Core-Fraktion.
Zunächst nimmt sich der Song Zeit, um sich zu entfalten und eine starke Atmosphäre aufzubauen. Dann folgen ein Solo, das die Metalheads freudig stimmen könnte, bevor dieses in Breakdowns für die Hardcore Kids mündet. Beide Seiten erhalten hierbei ihre Mosh-Momente und kommen auf ihre Kosten. Die Mischung aus (Nu)Metal und Hardcore fühlt sich auf dieser EP insgesamt stimmig an, doch an mancher Ecke fehlt noch das gewisse Etwas.
Zwar schaffen es die Amerikaner, die unterschiedlichen Genres fließend zu kombinieren, doch Vieles auf dieser EP hat man bereits anderswo in besserer Form gehört: die melodischen Bridges wurden beispielsweise von Bands wie RENOUNCED oder COUNTERPARTS zur Perfektion getrieben und auch härtere Abschnitte wie die Breakdowns schlagen bei so manch einer anderen Band einfach mehr ein.
OBSOLESCENCE finden zwar einen Kompromiss, können dabei bisher jedoch nie so ganz über ihre Grenzen hinaus kommen und sitzen stattdessen auf dem Zaun, den es zu überwinden gilt. Wenn sie etwas mehr riskieren und sich für eine bestimmte Richtung entscheiden würden, könnten die Amerikaner vielleicht ihren Stil verfeinern und noch mehr glänzen. Aktuell können sie noch nicht so ganz aus der schieren Masse an Metalcore-Bands hervorstechen.
Fazit
OBSOLESCENCE machen auf dem Papier nicht vieles anders als die moderne Metalcore-Szene, bedienen sich aber bei anderen Bands als Inspiration. Während die meisten Gruppen die Stile von LINKIN PARK und ARCHITECTS ausschlachten, bezieht die Truppe aus Philadelphia eher Inspiration von DEFTONES und KORN, bringt dabei jedoch Elemente von Hardcore und Metalcore mit ein. Das Ergebnis könnte an einigen Stellen etwas Feinschliff vertragen, um aus der breiten Masse hervorzustechen, überzeugt jedoch bereits jetzt. Es ist abzuwarten, was Vol. 2 mit sich bringt und ob darauf der nötige Sprung gelingt.
Die Tracklist zu "Ways to End It All, Vol. 1":
1. Wretched Veins
2. A Thousand Eyes
3. From Beyond
4. Vertigo Perspective
5. Traveler's Travesty