Served Cold - The Filth We Consume Tipp

Served Cold - The Filth We Consume

Served Cold – die mögen keine Nazis. Das ist zwar eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch die fünf Jungs aus Weilheim im wunderschönen Oberland machen kein Geheimnis daraus, dass sie fragwürdigen Gestalten mit gewissem Gedankengut am liebsten die Köppe einschlagen wollen. Das funktioniert musikalisch nicht nur auf die traditionelle Weise mit den Mitteln des Punk, sondern auch erstaunlich überzeugend zu den Klängen astreinen Deathcores. 

Das Quintett hat vergangene Woche die erste EP vorgelegt, die auf den Namen "The Filth We Consume" hört und nun als digitaler Release auf allen gängigen Streaming Plattformen zu finden ist. Auf YouTube finden wir außerdem ein Musikvideo zum Song "Served Cold", mit dem die Herrschaften zeigen, was Eigenproduktion mit ein paar helfenden Händen so alles sein kann: hochwertig, ansprechend, furchteinflößend mit Riff-Gewittern, knüppelharten Breakdown-Brettern und Dämonengegurgel, alles optisch schön aufbereitet mit gekonnter Performance und passender Horror-Story, genau richtig also für ein waschechtes Deathcore-Debüt.

Dabei ist es erfrischend zu hören, dass man sich für die Aufnahmen auch in ein waschechtes Studio begeben hat und sich dabei nicht zu schade war, die Drums akustisch einzuspielen. Das ist dieser Tage keine Selbstverständlichkeit mehr und verleiht insbesondere dieser Scheibe eine gehörige Extraportion an roher Energie und Authentizität.
Es grenzt an ein Wunder, dass das Studio trotz aller Energie, mit welcher Drummer Nils die Kessel seines Instruments verprügelt, heute noch steht und begehbar ist. Die Performance aller Musiker ist ebenso wie die Produktion erste Sahne, dem Team ist es gelungen, die Rohheit und knochentrockene, knüppelharte Energie dieser Band einzufangen und zu erhalten.

Wie ein Schlag in die Fresse startet die EP nach kurzem Intro mit dem düsteren Moshpit-Stampfer "Displacement", gefolgt vom herrlich hasserfüllten "956", das seine Abneigung gegenüber allem kundtut, was sich im politisch rechten bis braunen Spektrum tummelt. Und das zweisprachig, sodass alle Nationalisten und Faschisten, die des Englischen nicht mächtig sind, es auch nochmal auf Deutsch mitbekommen.

Es folgt das bereits vorab veröffentlichte "Masochistic Defilement", und entgegen der Vermutungen, dass sich ein derart klischeebehafteter Deathcore-Titel nur um sinnloses Abschlachten ohne lyrischen Tiefgang dreht, wird die Band hier gesellschaftskritisch. Die 'masochistische Schändung' betrifft nicht etwa irgendwelche perversen Fantasien oder kranke Verbrechen, sondern kritisiert den menschlichen Umgang mit dem eigenen Planeten und die Zerstörung der eigenen Lebensgrundlagen durch Kriege, Hass und maßloses Konsumverhalten.

Das vorab in einer Demo veröffentlichte "God May Die" erfährt mit einer Neuaufnahme nun endlich Gerechtigkeit, war doch zuvor die Aufnahmequalität eher schwer zu ertragen, und entpuppt sich dabei als solides Deathcore-Brett mit saftigem Moshpit-Appeal. Das eigangs erwähnte "Served Cold" rundet die EP dann wunderbar ab, hier trifft musikalische Gewalttätigkeit am Instrument auf ultraböse Vocals und Riffs, die nostalgisch an traditionelle Metalcore-Spielarten erinnern. 

Das Quintett aus Weilheim liefert also ab. Beinhart, kompromisslos und mit eindeutiger Botschaft. Denn nicht nur machen sie ihre Haltung zu bestimmten Gruppierungen nur zu deutlich, sondern auch ihren Zerstörungsdrang auf den Konzertbühnen dieser Welt. Welch fulminantes Debüt einer Band, deren Karriere erst beginnt! Ich ziehe meinen Hut, Jungs.

Üblicherweise lasse ich an dieser Stelle bei Rezensionen einige kulinarische Vergleiche und Empfehlungen vom Zaun, welche die jeweilige Platte gustatorisch optimal begleiten, oder inwiefern die betreffende Scheibe an besondere Weine erinnert. Doch seien wir ehrlich – diese EP genieße sich zwar wunderbar mit dunklem Rotwein, schwer und kräftig, mit feinen Noten von Kopfsteinpflaster, einem Hauch von nächtlich-nassem Waldboden und den ausbalancierten Aromen eines kräftigen Schlags in die Fresse. Und sicherlich würde sich dies gut mit symphonisch-krossem Sauerteig-Baguette und frischer Guacamole vertragen, meine Empfehlung für den optimalen Genuss dieses Werks ist diesmal allerdings rekordverdächtig simpel, und sie lautet Bier. Augustiner Edelstoff, Jahrgang 2024, kalt serviert. Davon dann gerne mehr.

Jakob

Ende der 90er war ich auf einmal da und entdeckte bald die Genesis- und Rolling-Stones-Platten meines Vaters.  Mit 11 fand ich entdeckte ich Metal, seitdem halten meine Eltern das für eine Phase, sind aber trotzdem stolz. 

Anmerkungen und Empfehlungen, Lob und Drohbriefe, Kochrezepte und Sonstiges: gerne per Instagram an jackl_p ;-)

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