Stil (Spielzeit): Melodic Metalcore (37:25)
Label/Vertrieb (VÖ): Roadrunner Records (23.05.2005)
Bewertung: Das war mal besser! (6 von 10 Punkten)
Link: http://www.theagonyscene.com
Da ist es nun, das neue The Agony Scene Album. Wie lange habe ich auf diese Platte gewartet. Seit dem Moment wo ich „We Bury Our Dead At Dawn" das erste Mal auf Viva Plus am Sonntag Abend gehört und gesehen habe war ich sofort von dieser Band fasziniert, holte mir das Album direkt am Montag darauf und war begeistert! Keine Band zu der Zeit war so frisch, so neu, so eigenständig wie The Agony Scene auf ihrem selbstbetitelten Album (2003, Solid State Records). Dieses Album ist auch heute noch eines meiner absoluten Lieblingsalben und hat The Agony Scene neben Poison The Well und Darkest Hour in die Top 3 meiner absoluten Lieblingsbands katapultiert.
Doch was ist das? Mit Trauer, Enttäuschung und auch ein bisschen Wut muss ich feststellen, dass The Agony Scene sich von ihrer Eigenständigkeit auf „The Darkest Red" verabschiedet haben und weit in den Mainstream-Metalcore abgedriftet sind.
Das fängt an bei den Texten, die bei Weitem nicht mehr so fies und bissig wie auf dem Vorgänger sind. Wo auf „The Agony Scene" noch Textzeilen wie „Now she sees her face and screams, was once so beautiful now kissed by flames and showered with glass. So beautiful, yet so cruel, the way love tends to be." zu finden waren wird auf „The Darkest Red" fast schon schnulzig gesungen: „She's my dark desire, with all the trappings of regret. Dressed in blasphemy, she pulls the stitches from my eyes. She's my suffering, the taste of death is on her lips. Dressed in blasphemy, she takes the breath that takes my life."
Auch bei der Art des Gesangs hat sich viel geändert. Sänger Michael Williams (nein, er singt nicht auch noch bei EyeHateGod) hatte sonst nur eine Cradle-Of-Filth-mäßige Kreischstimme auf Lager. Manche Kritiker haben damals gesagt, dass das zu wenig Abwechslung bietet. Die Abwechslung haben sie jetzt, denn Williams hat tief gekramt in seinem „Stimmenlager" und hat nun neben Kreischen auch noch ein Hardcore-artiges Bellen drauf, und singen hat er auch noch gelernt. Ich bin kein Feind von Veränderungen, aber alleine dieser Fakt hat den Stil von The Agony Scene ungefähr um 180° gedreht.
Doch da hört es nicht auf: auch musikalisch haben die fünf Mannen aus Tulsa, Oklahoma nachgelassen. Die zehn Songs plus Intro sind alle mehr oder weniger nach dem gleichen Muster aufgebaut: Treibender Part zum Anfang, der meistens auch für die Strophen verwendet wird, gefrickelter Part für den Refrain, Breakdown, Bridge; das ist alles was The Agony Scene noch zu bieten haben. Abwechslung? Ideenreichtum? Wo seid ihr geblieben?
Was mich allerdings am stärksten enttäuscht hat, ist dass die vielen flowigen Parts, die auf „The Agony Scene" einfach zum bangen eingeladen haben, auf „The Darkest Red" fast gänzlich verschwunden sind und durch stumpfe Brachial-Breakdowns, wie sie heute an jeder Metalcore-Ecke zu finden sind, ersetzt wurden.
Jetzt versteht mich nicht falsch! Ich bin definitiv kein Feind von Veränderungen. Wo ich allerdings ein Feind von bin sind Veränderungen, die eine gute Band verstümmeln und sie in die kommerzielle Scheißgrube absinken lassen. Zuletzt war das zu beobachten bei den einstigen Metalcore-Göttern Caliban, die eine ganze Szene um die Jahrtausendwende mit Alben wie „A Small Boy And A Grey Heaven" und „Vent" oder dem Split mit Heaven Shall Burn in Atem hielten. Doch was ist denn „The Opposite From Within" bitte schön für ein langweiliges Album? Voraussehbar bis in die letzte Bridge.
Genau dasselbe ist mit The Agony Scene passiert. Sie waren eine innovative und junge Band, die sich von Niemanden hat beeinflussen lassen und ihr Ding durchzog. Doch jetzt ist sie wie Caliban vor ihnen in den Mainstream abgedriftet. Natürlich sagt Sänger Mike Williams jetzt, dass der Sound vom neuen Album genau der ist, den er sich schon seit Jahren für The Agony Scene vorgestellt hat. Da bleibt mir nur zu fragen: „Ist Mr. Williams ein Hellseher und Visionär oder erzählt er einfach nur etwas, was das neue Album in einem authentischen und eigenständigen Licht erscheinen lässt?"
„The Darkest Red" passt dermaßen in die neue und beliebte Ecke des Mainstream-Metalcore (z.B. Killswitch Engage, Caliban, u.a.), dass ich mich frage, warum The Agony Scene nicht schon auf ihrem Debüt so geklungen haben, wenn dass doch der Sound war, den sie alle in ihrem inneren Ohr hatten?
Meiner Meinung nach haben The Agony Scene stark nachgelassen. Sie haben sich der breiten Masse angepasst und haben ihren Eigenständigkeit zu großen Teilen verloren. Trotzdem muss man sagen, dass „The Darkest Red" unterm Strich ein gutes Album ist, was man sich auch öfters anhören kann, ohne dass es ernsthaft langweilig oder eintönig wird (insofern ist es also doch besser als „The Opposite From Within" von Caliban). Gemessen an ihrem Debüt hat die Band aber gewaltig nachgelassen. Fraglich ist, ob das nicht auch daran liegen könnte, dass der ehemalige Gitarrist Johnny Lloyd und Bassist Matthew Shannon ausgestiegen sind. Oder vielleicht sind sie gerade ausgestiegen, weil der Rest der Band in „weichere" Gefilde abdriften wollte. Doch das sind alles nur Spekulationen. Fakt ist, dass „The Darkest Red" lange nicht so gut ist wie The Agony Scene sein könnten. Im Vergleich mit dem Vorgänger ist es sogar eine Beleidigung für das Talent, was diese Band einmal ausgemacht hat. Daher auch nur 6 von 10 Punkten.