Maroon - The Cold Heart Of The Sun


Review

Stil (Spielzeit): Metalcore (45:09)
Label/Vertrieb (VÖ): Century Media (19.10.2007) 


Bewertung: Astrein. [8/10]
Link: http://www.maroonhate.com

Ich will ehrlich sein. Sicher gibt es viele miese Bands und reichlich zwielichtige Gestalten unter den Konzertbesuchern mit Kapuzenpullovern und Coiffeurverbrechen. Intoleranz, Oberflächlichkeit und Modetrends sind wie überall sonst auch - ungeachtet heftiger Dementierungen - an der Tagesordnung, aber insgesamt ist Metalcore wesentlich erwachsener als es die breite Meinung glaubhaft machen möchte. Besonders in den letzten ein, zwei Jahren stießen ein paar talentierte Musiker neue Türen auf und schmiedeten in mittelgroßen Nachtclubs tödlich-aggressive Mischmetalle, in denen politische, ethische und moralische Aspekte nicht zu kurz kamen. An vorderster Front der löblichen und kreativen Ausnahmen stehen neben anderen auch MAROON aus Nordhausen.

Bei der Weiterentwicklung geht es um weit mehr als die Reduzierung der musikalischen Hardcore-Elemente, auch wenn das meist als einziger Fortschritt gewertet wird. MAROON bewegen sich zwar von den "Enorsed By Hate"-typischen Rumpelattacken Schritt für Schritt auf melodische, moderne und verspielte Death Metal Fingerkunststücke zu, verlieren dabei aber glücklicherweise die Wurzeln nicht aus den Augen. Nicht nur thematisch, sondern auch musikalisch bietet das Album kaum Angriffsfläche - für beide Lager.
In den ersten paar Minuten werden mutige Brücken in tödlicher Geschwindigkeit geschlagen. Rasante und farbenfrohe Soli mit Anleihen Edvard Griegs reihen sich an saftige und brutale Tiefschläge, während im Hintergrund sogar Synthesizer auf eine angenehme und unaufdringliche Art ihr Unwesen treiben. In "When Worlds Collide" konnte man diese Entwicklungen zwar vorhersehen, doch gehen die Schritte und Vorstöße weiter als erwartet. Lange Melodiebögen und überraschend ruhige Flächen werden in Windeseile von gewohnt brettharten Angriffen in mundgerechte Häppchen verteilt, und die Mischung schmeckt. Von gezwungenen Kompromissen fehlt jede Spur. "Steelbath Your Heart" und "My Funeral Song" kommen beispielsweise dank einer fetten Produktion unglaublich direkt und dynamisch daher und bestechen gleichzeitig durch aggressive Brüche und Rhythmustritte auf Ohrhöhe, begleitet von hasserfülltem Gebrüll.
Irgendwo mogelt sich ein kriegerisch-industriell anmutendes Zwischenspiel dazwischen, was dem Album den Namen gibt, und bietet eine kurze Verschnaufpause in dem dreiviertelstündigen Marathon.  Es folgt der extrem eingängige und von vitalen Soli nur so strotzende zweite Teil des Albums in dem "For Those Unseen",  "As Truth Becomes Vain" und besonders "The Iron Council" überzeugen. Abgerundet durch ein ruhiges und hymnisches Epikfeuerwerk namens "Some Goodbyes Are Farewells", das an die typischen Schweden-Death-Balladen der Neunziger erinnert.
Unterm Strich wird natürlich auch nur mit Wasser gekocht. Die härtere Musik wird nicht neu erfunden, aber eben hervorragend gespielt. Was bleibt ist ein wirklich gelungener Hybrid aus melodischem, brutalem und eingängigem Death Metal, Hardcore-Ethik und -Rhythmik und dem gewissen Etwas. Die mangelnde Angst vor Experimenten oder Seitensprüngen wird in einschlägigen Kreisen dafür sorgen, dass man wohl nicht nur Gutes über diesen Langspieler hören und lesen wird. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden damit, welche Richtung hier eingeschlagen wurde und hoffe, dass MAROON noch nicht allzu bald von den Bühnen der Welt abtreten, denn ohne Vorstöße wie diese wäre der Metalcore vielleicht wirklich so schlecht wie sein Ruf und sicher eine ganze Ecke langweiliger.