Stil (Spielzeit): Modern Death / Thrash Metal (45:34)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (10.11.06)
Bewertung: 5,5/10
Link: http://www.watchmydying.com
http://www.myspace.com/watchmydying
Seit kurz vor der Jahrtausendwende geistern WATCH MY DYING durch Ungarn. Dabei waren sie durchaus fleißig wie die Bienen, produzierten vier EPs und mittlerweile zwei vollständige Alben. „Fényérzékeny” heißt ‘lichtempfindlich’, was schon ein bisschen auf den Charakter der Musik hinweist.
Lichtempfindlich ist man, wenn man im Dunkeln lebt oder sich in einer psychiatrischen Anstalt befindet. Musikalisch gesehen könnte man WATCH MY DYING durchaus mit letzterem in Verbindung bringen. Der Sound ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, wobei vor allem das Schlagzeug etwas blechern daherkommt. Doch sobald der heftig zuschlagende Anfang vorbei ist, hat man sich schon daran gewöhnt. Im Hintergrund werde ich manchmal an diese rot-weißen Autos mit blauen Lichtern erinnert. Es gibt interessante Breaks zu hören, wo zum Beispiel ein einzelner unverzerrter Gitarrenakkord aufklingt, aber sofort von allem anderen niedergeschreddert wird.
Gesanglich gibt Frontmann Gábor Veres alles, was seine Stimmbänder hergeben. Zwischen Extremen wie Shouting und Growling finden sich auch rockig „normale“ Gesangsparts. In „Háttal Àlmodó“ wird das orientalisch angehauchte Musikspiel durch eine weibliche Stimme unterstützt. Dieses Stückchen klimpert auch eher in balladesk akustischen Gefilden herum, wobei eine gewisse Atonalität trotzdem gewahrt wird.
Ich könnte jetzt genauer auf einzelne Titel eingehen, doch da alles – inklusive der Lyrics – in der Landessprache gehalten ist, bringt das dem deutschsprachigen Leser recht wenig. Immer wieder blitzen auch kleine solistische Melodien der Streitäxte auf, die wenigstens ein paar harmonische Anhaltspunkte für den ungeübten Hörer liefern.
Kurz vor Schluss in „Om“ wird man in elektronischer Atmosphäre auf das metallische Ende in „9 Kapu“ eingestimmt. Dort rockt der Fünfer nochmals schwer walzend vor sich hin, eine erstaunlich schöne Hookline wiederholt sich zwischen Todesgeprügel, bevor man sich im aushallenden Schrei verliert.
Ich denke es ist auf jeden Fall lohnenswert, sich die Jungs live anzugucken. Mir wurde „als Beilage“ eine CD mit drei Live-Videos dazugegeben, die aber höchstwahrscheinlich nicht zum normalen Lieferumfang des Albums zählt. Der Sound der Live-Darbietung ist leider sehr miserabel, aber allein die Show zeigt, dass da eine Band mit Herz und Seele agiert und einen Riesenspaß bei ihrer Musik hat, was auch auf das Publikum überspringt.
Ob man „Fényérzékeny” von WATCH MY DYING noch als Death oder Thrash Metal bezeichnen kann, weiß ich nicht genau. Elemente davon lassen sich schon finden. Doch klingt die ganze Sache viel durchgeknallter. Wer vor verrückten Klang- und Rhythmus-Experimenten nicht zurückschreckt, die durch eine kompetente Eigenproduktion recht gut klingen, darf das hier ruhig ausprobieren. Und wer dann noch nicht versucht hat, mit dem Ellenbogen zwischen den Pobacken gegen die Zimmertür zu kugeln, ohne dabei die Faust aus seinem Mund zu nehmen, der kann diese Platte auch überleben.
Manuel
"Größtenteils harmlos."