Stil (Spielzeit): Heavy Rock / moderner Metal mit Cello (39:46)
Label/Vertrieb (VÖ): Eigenproduktion (2008)
Bewertung: 6,5 / 10
Link: http://www.angher.com
http://www.myspace.com/anghermusic
Fangen wir mal mit dem vordergründig Positivsten an: daß dieses Album in Eigenregie produziert wurde, ist skandalös und peinlich; allerdings nicht für ANGHER. Selbst Major-Labels hätten bei 8 von 10 Releases ein Problem gegen dieses in Eigenregie produzierte Teil anzustinken. Absolut professionelles Outfit, dann gibt’s ne Video CD obendrauf und der Sound ist unverschämt klar und gut.
Hinter dem Ganzen steckt vor allem mal Greg Korniluk. Nie gehört? Wahrscheinlich doch, nämlich auf APOCALYPTICAs „Reflections“. Da hatte er `nen Gastbeitrag (Cortege). Seines Zeichens Gitarrist und Cellist denkt er sich, das was die Finnen können, kann ein Franzos’ sicher auch: „Cello Metal“ steht folglich auf dem Etikett.
Kann er so aber dann doch nicht; denn Cello Metal ist das mal eher nicht. Ganz normaler moderner Metal ist das. Klingt wie üblich: etwas konstruiert… nämlich aus klassischem Metal, Neo-Thrash und melocorigen Schraddel-Parts wie man’s von KoRn, MUDVAYNE und Konsorten gewohnt ist. Das Cello ist häufig nicht mehr als die Kirsche auf der Torte, allein beim ½-minütigen „Prophecy“ kommt das Cello in der erhofften Dominanz um die Ecke.
Nur: was kann Korniluk für meine Hoffnungen? Eben. Nehmen wir das Kirschendasein des Cellos also als gegeben hin und betrachten die Mucke mit der gebotenen Distanz, was Traditionalisten mit Nu-Allergie wie mir zugegebenermaßen nicht leicht fällt… Dann fällt auf, dass hier ziemlich abwechslungsreich agiert wird. Spektakulär ist das unterm Strich sicher nicht, aber mehr als bloß solide dann doch. Da wird mal fröhlich metalcorig drauflos gezimmert wie im Opener „Anger“, da fürt die Gitarre sitarmäßig indisch den Midtempo-Banger „Emerge and Be“ ein, „Unsaid“ ist wohl das was man „Alternative Rock“ nennt, „Numb“ geht dann wieder in die fundamentale, gesollt-wollte Richtung: „Dat groovt wie Sau“, Das erwähnte Inderludium „Prophecy“ steht in der Tradition romantisch-luzider APOCALYPTYCA Träumereien (mein Fave), der Nachfolger dödelt eine Weile vor sich hin, um mit `nem RAGE AGAINST THE MACHINE-Lick als Highlight abgeblendet zu werden. Jaja, ganz nett. Danach gibt’s noch irgendwas… bis mit „Borderline“ ein schön speediger Thrasher den Rausschmeißer gibt.
Handwerklich ist das alles mehr als nur beachtlich, und auch kompositorisch versteht Monsieur sein Handwerk. Will sagen, er weiß, was groovt, wann ein Break rein muss etc. Die Kollegen sind absolut präzise [gerade der Basser (Hugo Coste), die Lead-Gitarre (Thibault Abrial) und der Drummer Yves-Marie Lebert sind neben dem sehr vielseitigen Gesang des Brasilianers Adriano Almeida (der bis auf die Alternative-Geschichte alles manierlich transportiert) und spieltechnisch positiv aufgefallen].
Jemanden vergessen? Ach ja, Greg Korniluk himself. Das Cello hat Gitarrenfunktion, mal rhythmisch, mal als Lead… Sein Spiel ist technisch mindestens ebenso okay wie bei den anderen; aber wer ein wenig Klassik hört, hört auch, daß hier kein zweiter Pau Casals i Defilló am Start ist. Auch kein zweiter Eicca Toppinen, um auf APOCALYPTICA zurückzukommen. Nun gut, der hat seine Truppe seit „Reflections“ ja mittlerweile auch zur Trivialität verurteilt, und viel trivialer sind ANGHER dann auch nicht.
Alles gut also? Nö. Was mich stört, ist, dass alles viel zu ordentlich in Szene gesetzt wird. So ist, gerade weil alles so sehr auf Perfektion getrimmt ist, das „unerwartete“ Break vorhersehbar, die Mischung zu rund, alles eine Spur zu sauber und, genau, konstruiert. Das geht zwar viel schlechter, sprich: erzwungener; was mir dennoch fehlt, ist so etwas wie „Seele“; und durch deren Absenz versinkt „Hidden Truth“ im gehoben Mittelfeld. Einen Bonuspunkt für die formidable Ausstattung.