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„‚Szelek’? War das nicht der Oberlippenbart, der das bourgeoise Langnese-Eis erfunden hat?“ Nee, war das nicht, sondern ist das vierte Album der hierzulande wohl eher unerhörten ungarischen Folk-Metaler DALRIADA, das bis auf den zweiten Platz der ungarischen Verkaufscharts galoppiert ist. Nicht nur, dass die Finnen und Ungarn sich den Luxus leisten, als (fast) einzige Europäer eine nicht indoeuropäische Sprache zu sprechen; offenbar nur bei solchen Nationen mit dem Kauz-Gen schaffen es einheimische, ansonsten wenig bekannte Metalbands mit schöner Regelmäßigkeit in die Top-Ten.
Bei uns sind die Top-Ten ja eher sicheres Indiz, dass man kein Ohr zu riskieren braucht. Das ist in Ungarn definitiv anders. DALRIADA hauen einen extrem schmissigen und opulenten Mix aus Melodic Speed und Folk raus, der viele Liebhaber verdient hat. Ich gehöre nur noch bedingt dazu. Doch dazu gleich. DALRIADA sind eine Vier-Mann-Gruppe mit Dame. Laura Binder ist keine Sangeselfe skandinavischer oder russischer Provenienz; aber ihre Stimme hat einen rustikalen Charme, der dem Folk Metal von DALRIADA absolute Glaubwürdigkeit verleiht. Das hat die Band mittlerweile auch nötig. Doch dazu gleich. Nicht weniger authentisch und charmant ist der männliche Gesang. Der grundsätzlich klar und gekonnt melodisch ist, was ihn vielleicht für den deutschen Durchschnitts-Paganen zwischen GERNOTSHAGEN und MENHIR eher uninteressant macht. Die Instrumentalabteilung ist über jeden Zweifel erhaben. Problematisch ist da allenfalls die brachial gute und klare Produktion. Brachial gut ist auch die Adaption von folkigen Themen auf ein metallisches Gerüst. Fast zu gut. Mir persönlich ist das Ganze inzwischen etwas zu klinisch, zu perfekt, zu glatt. Mir fehlen die Ecken und Kanten, die russischen Referenzbands wie ALKONOST oder ARKONA zu Eigen sind. Und Dalriada früher zu Eigen waren. So unbestreitbar geil das Quintett als Folk Band auch ist, als Metal Band ist es mir mittlerweile zu dicht an Luftpumpen wie HAMMERFALL dran. Mir haben die älteren Sachen einfach besser gefallen. Sie waren rauer, heidnischer oder schlichtweg purer Folk. Aber das ist mein ganz persönliches Problem. Objektiv ist es so, dass hier mit unfassbar geilen Melodien osteuropäischer Prägung derart rumgeaast wird, dass selbst meine geliebten ALKONOST Mühe haben, dagegen anzustinken. In diesem Punkt eine glatte „10“. Mein Gesamturteil fällt dagegen negativer aus. Zu viel Juppheida, zu schmissig. Ich vergebe nur „7“. Aber mir fällt es dennoch schwer, mich dem Album zu entziehen. (Macht subobjektiv „8,5“). Eine Empfehlung an alle Folkster und Paganen ist trotzdem Pflicht. Ansonsten empfehle ich erstmal den Vorgänger, der ist sehr dicht an der Höchstnote.