Es kommt nicht oft vor, dass wir Doppelreviews schreiben. Im vorliegenden Fall der beiden relativ zeitnahen Veröffentlichungen von CULT OF LUNA, die auf die Namen „Vertikal“ und „Vertikal II“ hören, machen wir allerdings mal eine Ausnahme. Und dabei erörtern wir auch gleich die Frage, ob es Sinn macht, so kurz hintereinander zwei Alben zu veröffentlichen.
Aber fangen wir vorne an, denn lang, lang ist es her, dass man das letzte Album „Eternal Kingdom“ der Schweden in die Hände bekommen hat. Dennoch kann man nicht sagen, dass CULT OF LUNA untätig waren. Etliche Touren quer um den Globus, die Veröffentlichung einer Live-DVD und die Veröffentlichung ihres Buches "Eviga Riket" (in dem es inhaltlich um eine alte Irrenanstalt geht, in dem das Kollektiv mittlerweile probt) waren einige Überbrücker der Band. Anfang 2013 veröffentlicht das Kollektiv aus Umeå, Schweden, mit „Vertikal“ ein Konzeptalbum, das sich mit der Vertonung des Film-Meilensteins „Metropolis“ von Fritz Lang befasst. Generell eine gute Idee, da es sich dabei um einen monumentalen Stummfilm handelt. Dem gegenüber stehen jetzt die ebenfalls monumentalen Klangwelten der Schweden. Und dabei scheint es beinahe so, als hätte die Band eine Frischzellenkur durchlaufen, denn schon lange klangen die Songs nicht mehr so atmosphärisch wie auf "Vertikal".
Die Songs bewegen sich stets zwischen düsterer, apokalyptischer Endzeitstimmung und orchestralem Sonnenaufgang. Dabei wirken sie aber nie stumpf aneinander gekettet, sondern klingen stets so, als seien die Ideen beim Jammen spontan entstanden und nur noch leicht bearbeitet worden. Es fällt einem schwer, einzelne Höhepunkte auszumachen, da die Songs von der ersten bis zur letzten Sekunde aufeinander aufbauen und stimmig miteinander harmonieren. Die Band schafft es immer wieder leicht, den perfekten Spagat zwischen herrlichen Melodien und abstrakter Beklemmung zu kreieren. Einmal mehr spielen CULT OF LUNA mit schweren Gitarrenwänden, die auf sanfte Keyboardparts treffen, mit zerstörerischem Geschrei, der sich mit herrlichem Klargesang abwechselt und immer wieder wechselnden Rhythmen – vertrackt, monoton, treibend oder einfach nur dahin gleitend.
Momentan gibt es ja eine wahre Flut an neuen Post-Core-Rock-Bands, denen CULT OF LUNA aber ganz klar gezeigt haben, wer in diesem Genre Chef im Ring ist. Meiner Meinung nach gibt es momentan nur wenige Bands, die es schaffen, sich innerhalb dieses eher kleinen Genres so weiterzuentwickeln, wie das Kollektiv aus Schweden. So neu das alles klingt, so vertraut klingt es weiterhin nach CULT OF LUNA. Schaut man sich den Film „Metropolis“ mit diesem Soundtrack an, bekommt man ein monumentales Gesamtkunstwerk, sowohl für die Augen als auch für die Ohren. Ganz klar, volle Punktzahl für „Vertikal“.
Kommen wir zur EP „Vertikal II“: Im Grunde klingen die Songs genau so, wie die auf „Vertikal“ – episch, monumental, zerstörerisch, düster und immer mit dem Gespür für die passende Atmosphäre. Ausnahme ist da lediglich „Vicarious Redemption“, ein Remix, denn der Song befindet sich schon auf „Vertikal“. Trotz nur vier Songs schaffen es die Schweden dennoch auf eine Spielzeit von knapp 36 Minuten. Da leuchtet es auch ein, warum die drei anderen Songs nicht noch mit auf „Vertikal“ passten. Dennoch stellt man sich die Frage, warum die Schweden dann nicht einfach ein Doppelalbum veröffentlicht haben und nur einige Monate nach „Vertikal“ eine EP hinterher schieben. Das hat für mich einen abzockerischen Beigeschmack, leider. Musikalisch kann man aber wieder nur die Höchstnote geben.
"Vertikal I" - 10Songs - 68:27 Minuten
"Vertikal II" - 4 Songs - 36:35 Minuten
Arne
Stile: Postcore, Deathmetal, Sludge, Hardcore
Bands: Machine Head, Kylesa, Ryker's, Lionheart, Johnny Cash, Cult of Luna, The Ocean, Deserted Fear, TLUF