Teil III
Bei den Songs hingegen handelt es sich um ältere, übriggebliebene und aufgefrischte Songs aus der „Dawn Of Fear“-Ära aus dem Jahr 2019. 2021 erschien Teil II der restlichen Songs in Form der EP „The Raging River“. Und jetzt also Teil III „The Long Road North“.
Dass CULT OF LUNA auf solch ein gewaltiges Song-Überbleibsel-Repertoire zurückgreifen können, zeigt einmal mehr, wie kreativ die Band ist. Nach der experimentierfreudigen Zusammenarbeit mit Julie Christmas haben die Norweger bereits wieder zwei Veröffentlichungen 'rausgebracht, bei denen sie eher auf waghalsige Experimente verzichten. Ich für meinen Teil würde mich über eine weitere Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Naturgewalten extrem freuen, muss mich allerdings weiterhin gedulden, falls überhaupt eine derartige weiterführende Idee bei CULT OF LUNA im Raum steht.
Trotzdem spürt man den neuen Songs an, dass sie anders geschrieben worden sind, sie haben eine ganz eigene Atmosphäre. Die Band selbst sagt, dass sie ihre Songs mittlerweile spontan schreibt und sich dabei von den Riffs und deren Dynamik führen und treiben lässt.
Alles beim Alten?
Dass es sich bei den Songs um bereits vorhandenes Material handelt, hört man schon direkt nach wenigen Minuten im Opener „Cold Burn“. CULT OF LUNA enttäuschen nicht und verwenden alle bekannten Markenzeichen – schleppende, düstere Riffs, treibende Beats, wildes Geschrei und dynamische Soundkulissen. Mit „An Offering To The Wild“, dem ausufernden „The Long Road North“ und dem an einen Kinosoundtrack erinnernden „Blood Upon Stone“ haben es auch drei Über-zehn-Minuten-Songs auf das Album geschafft.
Die beiden kürzesten Songs, „Beyond I“ und „Full Moon“, sind nicht nur beide exakt gleich lang (knapp drei Minuten), sondern auch die verstörensten auf der Platte. Während „Beyond I“ hell klingt und sogar Cleanvocals nutzt, spielt „Full Moon“ mit einem fiesen, düsteren Sound. Dadurch wirken beide Songs gegenteilig und gleichzeitig extrem verstörend.
Alle neun Tracks fügen sich zu einem Ganzen zusammen, funktionieren aber auch für sich. Dass die Band aus Umeå das Laut-und-Leise-Wechselspiel beherrscht wie fast keine andere, brauche ich wahrscheinlich nicht mehr zu erwähnen. Immer wieder werden – ja, nach altbekanntem Muster – epische oder düstere Soundkulissen aufgebaut und binnen Sekunden wieder eingerissen, und trotzdem oder eventuell genau deswegen klingen die Songs frisch und nach mehreren Hördurchgängen eben nicht abgekupfert oder eingestaubt.
Fazit
Wo CULT OF LUNA drauf steht, ist auch CULT OF LUNA drin. Klingt simpel, ist aber so. Klingt irgendwie langweilig, dem ist wiederum nicht so. Die Band erfindet sich selbstredend nicht neu, muss sie auch gar nicht, aber die Jungs haben es sich so bequem in ihrer Nische gemacht und nutzen jeden kleinen Millimeter aus, um ihre musikalischen Ergüsse aufs Optimale zu variieren.
Das Album ist düster, hat eine unglaubliche klangliche Dichte, klingt herrlich variabel und daher sehr dynamisch. So muss Post Rock klingen. Und gerne das nächste Werk wieder mit Julie Christmas.
Hier der Clip zu "Cold Burn":
Video zu "The Silver Arc":