Stil (Spielzeit): Post-Rock(?), Ambient (?) (43:47)
Label/Vertrieb (VÖ): Zeitgeister (12.2009)
Bewertung: 9 / 10
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GRÜNEWALD: ein Name, wie er romantischer kaum sein kann. Und auch wenn sich dahinter Christian Kolf, Gitarrist / Sänger der Doom- Extremisten von VALBORG sowie WOBURN HOUSE verbirgt, sein Solo-Projekt (+Drummer) hat mit Metal nix am Hut. Mehr schon mit deren unverkrampfter Experimentierfreude.
Der Rezensent sucht nach Schubladen, die zur Orientierung der vier langen Tracks dienen könnten; Singer / Songwriter? Neo-Folk? Ambient? Prog- oder Post -Rock? Passt alles nicht so recht. Und weil die Texte besondere Aufmerksamkeit verdient haben, apostrophiere ich die vier Stücke mal als „vertonte Lyrik“
Die Musik schleicht auf gemächlich sich aufbauenden Spannungskurven zwischen Minimalismus bis maximal dezentem, aber sehr atmosphärischem (Post) Rock. Spektakulär ist das nicht, aber intensiv. Zarte, nie nervige Disharmonien helfen gelegentlich dabei, Stimmungen aufzubauen oder zu verstärken. Dazu ein auffälliger Drang zu Pausen, zur Stille. „II“ gefällt besonders, weil es oft in die unaufdringliche Melancholie verfällt, die man häufig dort findet, wo Natur nicht verkitscht wird, sondern wo bei aller Schönheit auch Verfall und eine unterschwellige Bedrohung greifbar werden: In der Lyrik von Trakl z.B. oder eben in der Musik von GRÜNEWALD.
Da hört man dann bei aller musikalischen Individualität von GRÜNEWALD die Verwandschaft zu KLABAUTAMANN, für die Kolf ja auch textet und aushilfsweise singt oder VALBORG. Wie für alle Projekte der Zeitgeister gilt: sehr individuell & grenzerweiternd, interessant beim konzentrierten Zuhören, sehr angenehm als Hintergrundgeräusch. Und obendrein beweist GRÜNEWALD, dass man „easy listening“ auch extrem spannend gestalten kann.
Dass ich mit der gelegentlich zu pathetischen Phrasierung von Christians Klargesang hin und wieder meine Problemchen habe, habe ich an anderer Stelle schon angemerkt; hat mich dennoch nie abgehalten, die Platten richtig klasse zu finden. So auch diesmal.
Fazit: wo Zeitgeister drauf steht, ist stets interessante jenseits-des-Tellerrands-Mucke drin.