Stil (Spielzeit): Psychedelic, Postrock, Indie (58:17)
Label/Vertrieb (VÖ): Playlouderecordings / Beggars Group / Indigo (23.06.2006)
Bewertung: ein gutes, irgendwie seltsames Album, bei dem es "Klick" machen muss (7,5/10)
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Diese Rezension hätte in etwa folgendermaßen ausgesehen, WENN ich sie nach dem ersten Durchlauf der CD geschrieben hätte:
Das selbstbetitelte Debüt von SERENA-MANEESH klingt in der Tat sehr nach einem Debüt. Endlose Wiederholungen bilden die Basis für allerlei orientierungslose Geräusche und Einsprengsel. Um die Frage, wohin es denn musikalisch gehen soll, gar nicht erst beantworten zu müssen, musiziert die Band ohne Inspiration und Konzept drauflos. Sieben Minuten gleicher Rhythmus? Kein Problem. Ein Übermaß an elektronischem Fiepen und Rauschen? Noch weniger. Na gut, manch eine schöne Melodie gibt es zu entdecken und wer's psychedelisch mag wird hier gut bedient. 4 von 10 Punkten, aber nur wegen einigen schönen Ansätzen. Fazit: Gähn!
Jetzt vergesst bitte alles, was ihr bisher gelesen habt und lest die richtige Rezension, die nach viel häufigerem Hören entstanden ist.
Das Erstlingswerk von SERENA-MANEESH erschien bereits 2005, damals allerdings nur im Heimatland Norwegen. Weil die einflussreiche Musik-Website PitchforkMedia.com die Band kräftig pushte, war man sehr schnell in der komfortablen Situation, mit den DANDY WARHOLS auf Europatour gehen zu können, eine eigene Headlinertour dranzuhängen und die Platte jetzt weltweit rausbringen zu können.
Das ist nicht nur ein Glücksfall für die Band sondern auch für den aufgeschlossenen Hörer. Aber eins vorweg: Man sollte dem Album Zeit geben zu wirken. Das ist alleine schon deshalb nötig, weil man lange brauchen könnte, die zahlreichen Schubladen zu öffnen, die man zur Kategorisierung des Sounds braucht. Schubladenphobiker mögen mir verzeihen, wenn ich das hier vorführe:
Schublade 1: Das Album klingt wie…ein Album der DANDY WARHOLS. Die haben SERENA-MANEESH nicht nur zur gemeinsamen Tour eingeladen, sondern offenbar auch den Sound geprägt. Besonders deutlich ist dies bei Drain Cosmetics zu hören, welches gleichzeitig Opener und erstes Video ist. Beständiger Beat, ebenso beständiges Gitarrenriff, mit leiser Stimme vorgetragener und fast in den Hintergrund gemischter Gesang sowie Chorgesang und einige Soundspielereien erinnern frappierend an die ewig unterschätzten Amerikaner.
Schublade 2: Das Album klingt wie…VELVET UNDERGROUND. Okay, ich gebe zu, das ist nicht so fern liegend, zählen die doch zu den Vorbildern der WARHOLS.
Schublade 3: Das Album klingt…als hätten MOGWAI mal ein wenig (aber eben nur wenig) in Richtung konventioneller Musik geschielt und sich für dieses Projekt ein Pseudonym zugelegt. Viel Noise, Walls Of Sound, Rockriffs, verträumte Momente, schöne Melodien und teilweise tanzbare Drums bei Liedlängen von knapp zwei bis über zwölf Minuten. MY BLOODY VALENTINE hätten wohl auch Spaß an dieser Platte.
Schublade 4: Ein Shoegazing -Gitarrist ist in sein Effektgerät verknallt, möchte aber nicht für immer einsam im Zimmer stehen, Geräusche erzeugen und leise vor sich hinsingen. Also fragt er einen anderen Typen, der darauf steht, innerhalb eines Songs minutenlang denselben, aber interessanten Rhythmus zu spielen und hier und da kleine Variationen einzubauen, ob der nicht die Geräuschkulisse um einen Beat ergänzen will. Dann holt er sich noch Unterstützung von einem Keyboarder, mehreren Sängerinnen, dem Singer/Songwriter SUFJAN STEVENS und etwa hunderttausend (na gut, sagen wir etwa 15) weiteren Musikern, Soundbastlern und Remixern. Und was kommt heraus? Kein verdorbener Brei, sondern ein richtig gutes und konsistentes Album mit einem klaren, aber schwer einzuordnenden Stil. Übrigens: Sowohl im leider textlosen Booklet als auch auf der Website ist eine eindrucksvolle Illustration der Kollaborationen zu finden.
Schublade 5: Psychedelic Rock! Viel bunte Farben, Zeitverschiebungen, sichtbare Klänge und Plaudereien mit freundlichen, ellipsoid-klassizistischen Hupfbadideln (was auch immer das sein mag) mit Verbaldiarrhoe und einem Faible für Paradoxien kann ich zwar nicht garantieren, aber auch nicht ausschließen. Will sagen: Wer sich gerne von einer Kombination von stark repetitiven Drums, rudimentären Hardrock-Riffs und Noise zum Träumen und langsamen bis mittelschnellen Kopfnicken verleiten lässt, ist bei SERENA-MANEESH genau richtig. Das Konzept kennt man mit etwas anderer Akzentuierung auch vom Stoner Rock und diversen Klassikern der psychedelischen Musik wie z.B. PINK FLOYD. Hier funktioniert es ebenso und das auch noch verdammt gut.
Schublade 6: Indie
Schublade 7: Postrock
Schublade 8: Hardrock bezüglich mancher Gitarrenriffs
Schublade 9: die Krimskramsschublade. Diese Wundertüte unter den Schubladen könnte alles beherbergen, von benutzten Socken über niedergeschriebene Geistesblitze, einer Blutprobe aus Keith Richards’ Drogenphase und einen wütenden Elefanten bis hin zu einem niedlichen Schwarzen Loch. Man findet’s erst raus, wenn man reinschaut und kann das Gefundene nur mit Aufgeschlossenheit und Kreativität nutzen. SERENA-MANEESH haben SEHR tief reingeschaut und das Erblickte mit Herz und Cleverness verarbeitet, weshalb der Rezensent dazu neigt, dieser Band kurzerhand einen höflichen Tritt in den Hintern zu geben und sie somit ebenfalls in diese Schub(s)lade zu schubsen. Wer danach in seine persönliche Krimskramsschublade schaut und darin dieses starke Debütalbum findet, sollte sich glücklich schätzen. Aber seid gewarnt: Manch einer wird es hassen.
Viel Spaß beim Suchen!
Anspieltipps:
Ein Song, in dem fast alles zu finden ist, was dieses Album ausmacht: Sapphire Eyes (am besten bei Myspace reinhören, da einem auf der Website zum Album mehrere Minuten vorenthalten werden) Beispiel für das repetitiv-psychedelische Element der Musik: Candlelighted (siehe Myspace) Beispiel für das schnelle und krachige Element der Musik: Beehiver II Beispiel für das leise, verträumte Element der Musik: Her Name Is Suicide Beispiel für Indie-Klänge: UnDeux (siehe Myspace) Die Single: Drain Cosmetics (Video hier, Audio-Stream siehe Myspace)