Vor einem Jahr spielte Devin Townsend im Londoner Roundhouse eine denkwürdige Show: Zusammen mit seiner Band, Gastmusikern, Akrobaten, Tänzern, mit Hilfe von Videoeinspielungen und vielem mehr ließ der Musiker mit dem DEVIN TOWNSEND PROJECT seine Karriere Revue passieren. Selbstverständlich wurde die ausverkaufte Show in HD für die Nachwelt festgehalten und wird auch als Doppel-CD mit dem Livematerial des Abends veröffentlicht, die man allerdings höchstens als Bonus zur DVD/Blu-ray ansehen sollte.
Die Show an sich muss ein Wahnsinns-Erlebnis gewesen sein: Devin Townsend und alle beteiligten Musiker sind in großartiger Form, die wundervolle Anneke van Giersbergen verdelt die bunt gemischten Songs des DEVIN TOWNSEND PROJECTs noch öfter als auf den Studioaufnahmen, und der Sound der Doppel-CD ist transparent, druckvoll und so breitwandig, wie man es von dem Kanadier erwartet. Dem Publikum hat der Auftritt ebenfalls hörbar gut gefallen, was vermutlich an der ständigen Action auf der Bühne und den genial-debilen Ansagen zwischen den Songs von niemand geringerem als Steve Vai sowie den kultigen Ziltoid-Auftritten gelegen haben dürfte. Genau da liegt allerdings das Problem an dieser Doppel-CD: Man sieht von dem Gewusel auf der Bühne natürlich gar nichts, und wenn der “Retinal Circus” bloß ein regulärer Liveauftritt gewesen wäre, wäre das auch halb so schlimm. In dieser Form und bei einer solch besonderen Show entgeht einem jedoch so einiges.
Die Setlist bietet (wenige) Songs aus den Anfangsjahren von Devin und viel Material der letzten Alben, insbesondere “Epicloud”, sowie ein kleines Akustikset. Sogar zwei STRAPPING YOUNG LAD-Nummern werden dargeboten, was Altfans zusammen mit Live-Interpretationen der musikalischen Wohlfühl-Oasen "Life" oder "Kingdom" ganz besonders freuen dürfte. Gut, dass nichts vom schwachen "Ki"-Album gespielt wurde, unverständlich dagegen, dass kein einziger Track der meines Erachtens besten Towsend-Alben “Terria” und “Accelerated Evolution” performt wurde - es handelt sich schließlich um einen Karriererückblick! Immerhin finden sich einige Nummern von “Synchestra” in der Tracklist wieder. Devin selbst ist übrigens bestens bei Stimme und ruft sein gesamtes Repertoire ab. Der Mann hat einfach eine fantastische, variable Stimme, die zu jedem Mustikstil passt.
Dass der “Retinal Circus” etwas ganz Besonderes war und trotz leichter Schwächen (vor allem in Bezug auf die Setlist) ein Muss für jeden Proggie ist, steht außer Frage. Der Mitschnitt an sich macht auch Spaß, bloß frage ich mich, wer den ganzen Zirkus wirklich nur hören statt sehen möchte. Deshalb mein Rat: Holt euch lieber die DVD oder Blu-ray, denn darauf bekommt ihr auch einiges für’s Auge. Die CD ist bei solch einem Auftritt Geldschneiderei.
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...