Ihsahn - ang


Review


Stil (Spielzeit): Progressive Black Metal (47:22)
Label/Vertrieb (VÖ): Candlelight Records/Soulfood (13.06.08)
Bewertung: Einzigartig (9/10)
Link: www.ihsahn.com

Mit dem Ende von EMPEROR verschwand im Jahre 2001 einer der innovativsten und vielschichtigsten Black-Metal-Acts der letzten Jahrzehnte von der Bildfläche und hinterließ eine klaffende Lücke im technisch anspruchsvollen, progressiv-melodischen Schwarzmetallgenre. Nach der vorübergehenden Reunion des Dreiers anlässlich des W:O:A 2006, welche trotz zweifelhafter Vorzeichen als schlicht triumphaler Siegeszug in die Annalen unseres geliebten dreitägigen Schlachtfestes einging, wurde es jedoch bedauerlicherweise wieder sehr still um eine der einflussreichsten Dunkelstahlschmieden auf dem Globus. Dankenswerterweise allerdings nicht um Frontgenie und Instrumental-Tausendsassa Vegard Sverre Tveitan alias IHSAHN, welcher bereits im selben Jahr mit „The Adversary“ sein viel beachtetes Solodebut auf Polycarbonat zu bannen wusste. Same procedure as every year? Mitnichten, wusste IHSAHN sowohl textlich als auch musikalisch viele persönliche Einflüsse gekonnt in eine nach wie vor schwarzmetallisch inspirierte musikalische Umgebung einzubinden. 2008 nun erschien mit „angL“ der lang ersehnte Nachfolger. 

Zuvorderst: Ja, „angL“ schließt emotional und textlich durchaus an den Vorgänger an, wenn auch mit deutlich härterer und dunklerer Schlagseite. Und schon beim ersten Hördurchgang wird eines klar: Wir haben es mit keinem Leichtgewicht zu tun. Die ersten Takte von Misanthrope machen bereits keine Gefangenen; wen wundert’s, bei derart hochkarätiger Besetzung – für die Drum- und Bass-Tracks zeichneten sich keine geringeren verantwortlich als die SPIRAL-ARCHITECT-Mitglieder Asgeir Mickelson und Lars Norberg. Erste Assoziationen, die das Material weckt, schwanken irgendwo zwischen „auf vielschichtige Weise – besonders harmonisch – anspruchsvoll“ und „zugänglich“, so kontrovers diese anmuten mögen. Scarab daraufhin wird von einem Unisono-Riff eröffnet, welches durchaus auch DREAM THEATER zu Ehre gereicht hätte, gefolgt von verschiedenen halbakustischen, dann wieder aggressiv-melodischen Solopassagen. Hier bereits zeigt sich die ganze Spannweite der Stärken von „angL“: Eingängigste Melodik, ohne jedoch zu irgendeinem Zeitpunkt plakativ zu wirken, cleane Vocals unterstützt von wunderbar harmonischen Passagen treffen auf Riff-Attacken mit mehr als nur leichtem Prog-Einschlag, garniert mit Gitarren- und Keyboard-Wänden typisch nordischer Herkunft. Selten wird geblastet – Ausnahmen wie das keifend-treibende Malediction bestätigen die Regel – viel öfter dominieren langsame bis im Midtempo-Bereich angesiedelte Grooves das Bild. 

Nicht erst beim Abschließenden Meilenstein Monolith (nomen est omen) wird klar: Auf dem digitalen Plattenteller rotiert ein musikalischer Feinschmeckerhappen, der bereits jetzt das Zeug zum späteren Klassiker zu haben scheint. Ein großes Wort, doch angesichts der „verspielten Düsternis“, die über die gesamte Spieldauer nicht den leisesten Hauch von Langeweile oder Gedanken wie „kenn’ ich irgendwoher“ aufkommen lässt, sollte deutlich werden: „angL“ ist – mit einem Wort – einzigartig. Und die nächste gute Nachricht lautet: Von Durchlauf zu Durchlauf erschließen sich neue Facetten, neue Details, neue spielerische Momente, die den Blick durch das Kaleidoskop von Aggression, Reflexion und tief empfundener Emotionalität in immer neuem Licht erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang scheint eine Kaufempfehlung beinahe lächerlich. Kaufpflicht wäre vermutlich passender.